Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6

100 Würmer. Erſte Klaſſe: Nädertiere; Familie: Weichrädertierchen,

ſie vom Gehirn der Mutter bis in den Anfang des Fußes reihen. Bald fangen ſie an in dem Leibesraum herumzutaſten und legen ſich ſo, daß ihr Kopf neben der Kloake des elterlichen Jndividuums zu liegen kommt, deren Wandung ſie, da eine beſondere Geburtsöffnung nicht vorhanden iſt, durhbrechen, um dur den After den mütterlichen Körper zu verlaſſen.

Unter den Hydatinacen befinden ſi<h mehrere Rieſen der Klaſſe, und zwar in der Gattung Nückenauge (Notommata), zu deren Kennzeichen das große eine Auge gehört. Sehr verbreitet iſt die Notommata myrmeleo, ein gefräßiges Raubtier, deſſen Charakter ſich au< in dem einer Spißzange gleihenden Kiefergerüſte ausſpricht. Die wichtigeren Organe liegen in dieſem Tiere, das man auf ſeinen raſtloſen Fahrten ſehr gut mit bloßem Auge verfolgen kann, überaus klar zu Tage (\. Abbild. S. 101). Die Fangzange (g) wird aus einer trichterförmigen Mundvertiefung vorgeſchoben. Daran ſchließt ſi< ein dünner Schlund. Am Ende desſelben liegen ein Paar Doppeldrüſen (a), die Speicheldrüſen. Der unregelmäßig fugelige Körper (Þ) iſt der Magen. Der Darm (ec) mündet gemeinſchaftli<h mit dem Eierſto> (d) in die Kloake, welche in dem abgezeihneten Exemplare gerade ein durchpaſſierendes Ei enthielt. Höchſt entwi>elt, wie bei den meiſten großen Rückenaugen, ſind die Waſſer- oder Ausſcheidungsgefäße (e) mit der kontraktilen Blaſe (f).

Eine ſehr merkwürdige Form iſt die vom vielgereiſten Shmarda in Oberägypten aufgefundene Hexarthra polyptera, welche allerdings mit ihren drei Paar ſymmetriſ< angeordneten, an der Bauchſeite ſtehenden beweglichen Anhängen ganz ungemein an einen Gliederfüßer erinnert.

Die am meiſten beſprochenen und gemeinſten aller Nädertiere, an welchen die Radbewegung am früheſten geſehen wurde und am öfteſten und leichteſten ſich beobachten läßt, gehören in die Familie der Weichrädertierhen (Philodinaea). Unter ihnen zeihnet ſih die Gattung Rüſſelrädchen (Rotifer) dur zwei auf einer Art von Stirnrüſſel befindlihe Augen und einen gabelartig endenden Fuß aus, welcher, wie in der ganzen Familie, nah Art eines Fernrohres ein- und ausgezogen werden kann. Der eigentliche Aufenthalt des Tieres ſowie der meiſten ſeiner Genoſſen ſind ſtehende Gewäſſer, in denen es ſi zwiſchen den Waſſerfäden und Algen ſo anhäufen kann, daß es die kleinen Pflanzen wie ein Schimmel überzieht. Doch leben viele au< im Meere und hier in der Regel entweder auf der Oberfläche des Waſſers oder paraſitiſh“ auf Krebschen, bei Ringelwürmern, in Hautgrübchen von Synapten 2c. Andere leben zwar im Feuchten, aber doh nicht eigentlih im Waſſer und ſind au< in der Regel Schmaroßer. Eine Art (Drilophaga bnucephalus) hauſt äußerlich auf der Haut eines kleinen Regenwurms (Lumbriculus yariegatus) des ſüßen Waſſers, kann ſich aber von ſeinem Wirte loslöſen, davonkriehen oder, indem ſie ihr Näderorgan entfaltet, elegant von dannen ſ<hwimmen. Andere wohnen in der Leibeshöhle von Regenwürmern und Naktſchne>en. Ju der ſeltſamen Kugelalge (Volyox globator) findet fi ein Rädertier (Notommata parasîtica), welches die in derſelben enthaltenen Tochterkolonien frißt und an ihre Stelle ſeine Eier legt. Eine räderloſe Art (Acxelns inquietus) ſiedelt ſi< in Kolonien anderer feſtſißender Rädertiere (Megalotrocha) an, welche es an Größe weit übertrifft, und ſie iſt nun niht in dem Sinne paraſit, daß ſie ſich von dem Körper ihrer Genoſſen ernährt, ſie geht bloß als ſogenannte Kommenſale bei ihnen zu Tiſch. Sie ragt wie ein Rieſe über die anderen hervor, zieht ſih aber oft zuſammen, um mit ihrem Maule in das Niveau des von den Megalotrochen erzeugten Wimperſtromes zu gelangen, welcher die Nahrung auch für ſie mit herbeiwirbelt. Notommata petromyzon heftet ſich an die Kolonien der Glo>entierhen und legt hier ſeine Eier ab.

Von hervorragendem Jntereſſe ſind aber einige Verhältniſſe, welche zwiſchen Pflanzen und Rädertierchen vorkommen, und die man erſt in neuerer Zeit kennen gelernt hat. Auf