Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6

184 Würmer. Vierte Klaſſe: Ningelwürmer; erſte Unterklaſſe: Borſtenwürmer.

während zwiſchen ihr und der Erzeugerin neue Knoſpen ſi einſhoben. Jn anderen Fällen, bei Syllis, die ganz beſonders zur Knoſpenbildung neigt, und bei der zugleih eine Querteilung des die Knoſpen hervorbringenden Vordertieres damit verbunden iſt, gehen die lebten Ringe, ſich verlängernd und ſich umwandelnd, in die Knoſpentochter über, und zwiſchen ihnen und der Stelle, an welcher ſih die Knoſpe vom mütterlichen Boden trennen ſoll, wird als völlige Neubildung der Kopf der Knoſpe eingeſchoben. Bei dieſem Aufgehen ganzer Glieder des Muttertieres in die Tochter kommt es au< vor, daß ſie ſhon mit Eiern gefüllt ſind, obwohl dieſer Fall, daß dasſelbe Tier auf geſhle<tli<hem Wege Eier produziert und zu gleicher Zeit Knoſpen treibt, der ſeltenere zu ſein ſcheint. Die Regel, welche auh mit dem übereinſtimmt, was ähnliche Vorgänge in anderen Tierklaſſen zeigen, iſt vielmehr, daß das Vordertier geſchle<tslos iſt, die Knoſpen dagegen Männchen oder Weibchen werden. Am reinſten und lehrreichſten iſt dieſer Vorgang bei der Gattung Autolytus. Der Kopf des geſchlechtsloſen Vordertieres von Autolytus cornutus iſt Figur 7; ex unterſcheidet ſich dur< Stellung, Form und Länge der Fühler und Fühlfäden von dem der männlichen Knoſpen (Fig. 5), und dieſer wieder von dem der weiblihen (Fig. 6). Männchen und Weibchen entſtehen alſo nux auf dem Wege der Knoſpung, während ihre ungeſchlechtlichen Erzeugerinnen ihr Daſein nur den Eiern der geſchle<tlihen Generation ver: danken. Wix haben hier ein reines Beiſpiel des in der niederen Tierwelt vielverbreiteten ſogenannten Generationswechſels. Derſelbe iſt alſo eine eigentümliche Art der Fortpflanzung und Vermehrung, bei welcher das aus dem Ei ſih entwi>elnde Fndividuum nie die Geſtalt und den Wert, d. h. die phyſiologiſche Bedeutung des Geſhlechtstieres, erhält, ſondern auf ungeſchle<tlichem Wege, dur Teilung, Knoſpenbildung oder auch innere Keimbildung ſi< vermehrt und erſt durch dieſe ſeine Sproſſen zur geſchle{<tlihen Generation zurü>fehrt. Die Art wird alſo, fails die Geſchlechter getrennt ſind, niht nur aus den verſchieden geformten, mit beſonderen Kennzeichen verſehenen beiden Geſchlechtern, ſondern auch aus der ebenfalls eigentümlich gebildeten geſ <lechtsloſen Zwiſchengeneration zuſammengeſeßt. So einfa<h und leicht aufzufaſſen, wie bei Autolxytus, iſt der Generationswe<ſel nux in ſeltenen Fällen. Schon hier ſind jedoch die beiden wechſelnden Generationen ſo ver: ſchieden, daß man, ehe ihre Zuſammengehörigkeit entde>t wurde, ſie als verſchiedene Gattungen beſchrieb, das geſ<le<tsloſe Fndividuum als Autolytus, das Männchen als Polybostrichus, das Weibchen als Sacconereis.

Bei Haplosyllis spongicola entwideln ſich die lebten 20—80 Segmente des 70—90 Segmente zählenden Körpers unter Umbildung der Fußſtummel ſowie deren Borſten und Muskeln zu einer geſchle<tlihen Shwimmknoſpe, welche ſi< vom Stammtier trennt und nach den Beobachtungen von Alberts mit großer Schnelligkeit das Waſſer dur<ſ{<wimmt und mit ihrem an ein pelagiſhes Leben angepaßten Körperbau der ſonſt ſo trägen, in Höhlungen von Shwämmen und unter Steinen hauſenden Haplosyllis eine weitere Verbreitung der Nachkommenſchaft gewährleiſtet.

Sehr intereſſant ſind die Knoſpungsverhältnijſe bei Syllis ramosa, einer Form, die bei Gelegenheit der Challenger-Expedition in der Arafura-See und bei Zebu, einer der Philippinen, in Tiefen zwiſchen 95 und 100 Faden aufgefunden wurde (f. nebenſtehende Abbild. ). Die Tiere leben in Glasſhwämmen, beſonders in dem wundervollen Gießkannenſhwanmnm, haben einen zarten Körper etwa von der Dicke eines Zwirnfadens, deſſen Segmente ſ{hmal find und an jeder Seite einen Fuß tragen, der in einen feinen Cirrus endei. Die Cirren ſind von zweierlei Länge, aber an jeder Seite we<hſeln längere und kürzere in regelmäßigem Turnus miteinander ab. Die Neigung dieſes Wurmes zur Bildung von Knoſpen iſt ganz außerordentlich, ſie treten an den Enden und den Seiten und wo nur immer die Oberfläche des Tieres verlebt wurde auf, haben aber niemals ihren Urſprung zwiſchen

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