Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6

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Mediziniſcher Blutegel. 141

haben, oder denen man denſelben leicht künſtlich erteilen kann, da das Waſſer eine Hauptſache bleibt, ſowohl ſeines Daſeins als ſeiner Beſchaffenheit wegen. An ſolchen Stellen legt man nun gewöhnlich mehrere Blutegelkolonien an, die je voneinander durch 1 m breite Wege getrennt und außerdem fo beſchaffen ſind, daß man ſie mit Bequemlichkeit nach allen Seiten umgehen kann. Fede dieſer Kolonien erfordert eine quadratiſche Grube von 3—5 m, deren Ufer etwa 1 m hoh mit Naſen bede>t werden und ſchief gegen den Boden geneigt ſind. Dieſen belegt man etwa 32 em hoh mit einem Gemenge von Thon und Moorerde. Jn der Mitte bringt man eine */2 m im Quadrat große Vertiefung an, um den Egeln in ſehr tro>enen Fahren hier eine lebte Zuflucht zu eröffnen. Wo die Natur nicht ſelbſt die Regelung des Zu- und Abfluſſes übernimmt, thut man dies mittels hölzerner, mit einem feinen Siebe geſperrter Röhren, um durch jene das Entweichen der Egel zu verhüten. Vorteilhaft erſcheint es, einige den Egeln, wie es ſcheint, angenehme Pflanzen zu ſeen, z. B. einzelne Weidenſträucher und hin und wieder eine Kalmuspflanze. Da nun die Kolonien angegebener Art ungefähr 6000 Egel faſſen können und dieſe ſih zum großen Teil längere Zeit darin aufhalten, ſo muß man auh für ihre Nahrung Sorge tragen, indem man kleine Fiſche und den Laich, am beſten den des grünen Waſſerfroſches, in den Teich thut, in deſſen Ermangelung man Blut und dergleichen nehmen kann. Der Froſchlaich an ſi iſt zwar zur Ernährung der Egel nicht tauglih, wohl aber die aus ihm entſtehenden kleinen Kaulquappen und Fröſche. Auf eine ſcheußliche Barbarei, die einige Blutegelzüchter ausüben, wurde kürzlih im BVlatte des Tierſchußvereines aufmerkſam gemacht. Man treibt dem Tode verfallene Pferde und Eſel hinein, um Tauſende von Egeln zu gleicher Zeit ſi<h an ihnen legen zu laſſen. Sind jene jedoh zu ungebärdig dabei, ſo benußt man Kühe. Da die Waſſerde>ke dieſer Kolonien ſelbſt im Winter niht ſehr hoh ſein wird und daher gegen den Froſt nur ein zweifelhafter Schuß iſt, thut man unter allen Umſtänden gut, im Winter dieſelben mit Tannenzweigen und Laub zu bede>en. Eine Vorſicht muß man noch bei Anlage dieſer Kolonien beobachten, nämlich daß man ſie niht zu nahe an anderen Waſſern anlegt, wo es leiht vorkommen dürfte, daß die Egel ſi durch die Erde graben (?), um dann ihre Freiheit wieder zu erlangen. Erfahrungen ſtellen wenigſtens feſt, daß die Egel aus derartigen Kolonien, ohne daß ſie eine Seuche ergriffen, verſhwunden waren.

Nach Landois beſitzt oder beſaß der Apotheker Engelſing in Altenberge bei Münſter eine, wie es ſcheint, ſehr rationell eingerihtete Blutegelzucht. Zur Fütterung der jungen Egel benußt der genannte Herr Fröſche, welche in einem lo>eren Neße eingeſchloſſen in das Waſſer gebracht werden. Um die Grauſamkeit, lebende Säugetiere zur Ernährung der erwachſenen zu vermeiden, den Tieren aber doh die ihnen am meiſten zuſagende und für ihr Gedeihen förderlihſte Koſt zukommen zu laſſen, füllt er flache hölzerne Tröge mit Flanelllappen, welche mit dem Blute friſh geſ<hlahteter Säugetiere durchtränkt ſind, und läßt dieſelben auf den fleinen Kunſtteihen {hwimmen, wo ſie ſofort von den Egeln angenommen werden. Eine ſolche Fütterung braucht nur einmal im Fahre zu erfolgen. Engelſing ſorgt noch dafür, daß der Stand des Waſſers in den Zuchtbehältern das ganze Fahr hindur<h der nämliche bleibt, namentlich nicht ſteigt, denn ſonſt würden die Eikokons der Egel, welche etwa 10—15 cm über dem Waſſerſpiegel in den künſtlih hergerichteten, mit Raſen bede>ten und mit lo>erem Torf ausgelegten Rändern abgelegt werden, unter Waſſer geraten, was ſie für niht längere Zeit als 24 Stunden ertragen, ohne daß die Brut zu Grunde geht.

Bei der Aufbewahrung der Blutegel zum Handgebrauch iſt zu beobachten, daß man ſie am beſten in einem weiten Cylinderglaſe hält, welhes man bis zu einem Dritteil oder etwas darüber mit weihem Flußwaſſer anfüllt und mit Leinwand überbindet. Das