Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6

162 Würmer. Fünfte Klaſſe: Rundwürmer; zweite Dronung: Fadenwürmer.

hat faſſen können, ſu<ht man ihn über ein Röllchen aufzuwinden, eine Operation, welche mehrere Tage in Anſpru< nimmt und, wenn ſie dur das Zerreißen des Wurmes unterbrochen wird, ſehr üble Entzündungen zur Folge haben ſoll. Daß dies nicht immer eintritt, zeigt ein vor einer Reihe von Jahren in Peſt vorgekommener Fall, wo die beiden einem Tataren auszuziehenden Medinawürmer zerriſſen und die Heilung doh ſchnell erfolgte. Dex Medinawurm iſt lebendig “‘gebärend, und man ſagt, daß die in die Wunde geratenden Jungen die erneuerte, heftige Entzündung verurſachten. Daß ſie dazu beitragen können, iſt niht unwahrſcheinlich, ihre Entwickelung wird aber aller Analogie nach erſt im Freien vor ſich gehen. So viel ſcheint nah den Unterſuchungen Fedſchenkos feſtzuſtehen, daß ihre Embryonen in kleine Süßwaſſerkrebschen einwandern und in dieſen zunächſt ſih häuten; ob ſie nun aber unmittelbar mit dem Krebschen beim Trinken unſauberen Waſſers ver\<lu>t werden, oder ob ihnen das in freiem Zuſtande widerfährt, ſteht noh nicht feſt, und ob ſie ſi na< Art der Trichinen aus dem Magen entfernen oder ſi direkt in die Haut einbohren, bleibt noh na<zuweiſen. Ein verwandter Paraſit des Menſchen in tro: piſchen Gegenden iſt die im Unterhautzellgewebe vorfommende Filaria Bancrofti, die als Larve im menſhlihen Blute lebt, mithin ein ſogenannter Hämatozoon iſt und den ſelbſtändigen Namen Filaria sanguinis hominis, bevor man den wah: ren Sachverhalt kannte, erhalten hatte.

Ob der ſogenannte Loawurm eine Filarie ſei, iſt ungewiß. Er wird bis 5 cm lang und findet ſich niht ſelten auf dem

Dochmius: a) ganz, b) Shwanzende, vergrößert, C) Mundkapſel y c Rr von Dochmius duodenalis, vergrößert. Augapfel Der Neger, wo er ſehr heſtige

Schmerzen verurſacht. Man hat ſogar wiederholt in der Linſe ſtarkranker Europäer kleine, einige Millimeter lange Würmchen gefunden, welche Filarien zu ſein ſchienen, über deren Herkommen man aber auh nichts weiß.

Mehr Licht iſt, dank den Forſchungen Leu>arts, über die Geſchichte der ſtrongylusartigen Rundwürmer (Strongylidae) verbreitet, indem man wenigſtens die Lebensperioden einzelner Arten direkt verfolgen fonnte. Ein wichtiges Kennzeichen dieſer Familie iſt, daß das Hinterende der Männchen von einer eigentümlichen, napf- oder ſhirmförmigen Krauſe umfaßt wird, welche oft von rippenartigen Verdi>ungen geſtüßt iſt. Sie bewohnen vorzugsweiſe Säugetiere und werden niht nur im Darme, ſondern auch in den Lungen und anderen Organen angetroffen. Ein ziemli<h häufiger Gaſt des Hundedarmes iſt Dochmius trigonocephalus. Seine Eier entwi>eln ſich in feuchter Erde binnen wenigen Tagen zu kleinen, kaum 0,5 mm langen Würmchen, deren „ziemlih gedrungener Körper vorn etwas verjüngt und hinten in einen ziemlich langen und ſ<hlanken Shwanz ausgezogent iſt, deſſen Spive ſi< in Form eines eignen Anhanges abſezt. Unter einer mehrmaligen Häutung wachſen ſie, verlieren aber dann ihre eigentümlichen Schlundzähne und hören damit auf zu ſreſſen und zu wachſen, obwohl ſie in dem Shlamme, in dem man ſie hält, noh wochen- und monatelang am Leben bleiben.“ Fhr weiterer Lebenslauf hängt davon ab, daß ſie direkt in den Magen und Darm des Hundes gelangen, wo ſie unter abermaligen Häutungen ihre bleibende Geſtalt und Größe annehmen.

Einer der gefährlichſten Binnenſhmaroßer des Menſchen gehört gleichfalls zu DEN Strongyliden, es iſt das der Dünndarm-Paliſſadenwurm (Dochmius duodenalis.