Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6

166 Würmer. Fünfte Klaſſe: Nundwürmer; zweite Ordnung: Fadenwürmer.

zu ſtellen haben, populäre Abhandlungen zur Beruhigung und Belehrung der Menge, darunter eine vortreffliche von Vir<how, wurden in vielen Tauſenden von Exemplaren verbreitet, die Regierungen erließen Fnſtrufktionen zurÜberwachung des Fleiſhhandels, ſogar ein neues Amt, das des „Trichinenbeſchauers“, wurde gegründet, zum Beſten vieler Dorfſchullehrer, denen die Trichinen (das einzige Gute, was man ihnen nachrühmen kann) zu einer Gehaltszulage für die fleißige Beſchau dex im Dorfe geſhla<hteten Schweine verholfen haben. Sichere Fälle von dem Vorkommen der Trichinen im Zuſtande der Einkapſelung in den Muskeln des Menſchen ſind erſt etwa 40 Jahre alt, und der Name Trichina spiralis wurde ihnen 1836 von dem engliſchen Naturforſcher Dwen gegeben. Er deutet auf die Ähnlichkeit des in der Kapſel zuſammengerollt liegenden Würmchens mit einem ſpiraligen Härchen, von dem griehiſ<hen Worte Thrix, Trichos, das Haar. Die Paraſiten, obſchon in großer Anzahl vorfommend, exſchienen unſchädlich, wie denn in der That mit der Einfapſelung die Krankheit überwunden werden fann. Erſt 8 Fahre ſpäter kam man zur Erkenntnis, daß jene Trichinen der FJugendzuſtand eines Rundwurmes ſeien; ihr Vorkommen im Menſchen erſchien jedo<h als eine „Verirrung“; man übertrug auf ſie eine Anſicht, die eine Zeitlang auh für andere Eingeweidewürmer des Menſchen und der Tiere gegolten, daß ſie nämlih in einem gewiſſen Stadium ihrer Entwielung oft den re<hten Weg verfehlten, in unre<hte Wirte und ihrem weiteren Wachstum nicht zuſagende Organe gelangten, darum ausarteten und eingefapſelt würden. Daß die Trichinen ihre Kapſel ſelbſt aus\{<wißen, erfuhr man dabei. Auch ſtellte ſi ſpäter durch eigens zu dieſem Zwee angeſtellte Verſuche heraus, daß ſowohl im Darme der Mäuſe als in dem der Hunde die mit dem Fleiſche eingeführten Trichinen ihre Kapſel verließen, wu<ſen und in kurzer Zeit geſ<hle<htsrei} wurden; ferner ergab ſich die für die Anſte>ung mit Trichinen wichtigſte Thatſache, daß die im Darmkanal des Wohntieres geborenen Trichinen niht nah außen wandern, ſondern die Muskeln des Wirtes heimſuchen. Der erſte eklatante Fall einer tödlich verlaufenden Trichinenkrankheit beim Menſchen wurde am 27. Januar 1860 in Dresden bekannt und vom Profeſſor Zenker in ſeiner ganzen Bedeutung gewürdigt; die völlige Aufklärung folgte raſh, leider begünſtigt dur< eine ganze Reihe von Einzelfällen und {hweren Epidemien, welche zahlreiche Opfer verlangten. Eine der am meiſten berüchtigten iſt die von Hettſtädt, bei welcher auf 159 Erkrankungen 28 Todesfälle kamen. Y E Die große Verbreitung des Paraſiten zeigte ein in Hamburg beobE E achteter Fall, dur< welchen ſi ergab, daß das die Anſte>ung verurſa<ht habende Schwein in Valparaiſo gekauſt und während der Überfahrt von der Schiffsmannſchaſt verzehrt worden war. Überhaupt aber wurde bald offenbar, daß die faſt ausſcließlihe Quelle für die JImportierung der Würmer in den Menſchen das Schwein ſei. Zu dieſem werden wir zurüfehren, indem wir uns näher mit den Lebensverhältniſſen der Trichine bekannt machen. Die geſ<hle<htsreifen Trichinen oder die ſogenannten Darmtrichinen leben nux im Darme des Menſchen und verſchiedener Säugetiere und Vögel, und ſie vollenden dort ihr

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