Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6

Trichine. 167

Wachstum, pflanzen ſi fort und gehen nah und na< zu Grunde. Die Weibchen ſind ſelten wenig länger als 3 mm, die Männchen 1,5 mm lang. Das Wachstum und die Reife gehen im Darmkanal ſo {nell vor ſi, daß die neue Generation ſhon 5 Tage nah Einführung der alten gefunden wird. Die Würmchen ſind alſo mit gutem Auge gerade noh zu erkennen. Bei beiden Geſchlechtern liegt der Mund gerade am Vorderende, von wo aus der Körper bis über die Mitte ſih gleihmäßig verdi>t, um von da aus gegen das ſtumpf abgerundete Hinterende wieder etwas ſhmäler zu werden. Die Öffnung, dur wel<he die ſhon im Eihalter auskriehenden Embryonen geboren werden, liegt nicht weit vom Vorderende; das Schwanzende des Männchens iſt durch ein Paar zapfenförmige Hervorragungen ausgezeihnet. Die in den Darm des Menſchen und gewiſſer Tiere verſeßten Trichinen gehen nie aus demſelben in die Muskeln über, halten ſi<h aber unter normalen Verhältniſſen 5 Wochen und länger in demſelben auf, und die von jedem Weibchen produzierte Anzahl von Nachkommen kann auf einige Tauſende geſchäßt werden. Jn dem unteren Teile des längeren Schlauches, in deſſen oberem Teile die Eizellen ſih bilden, liegen die Embryonen dicht gepa>t aneinander und erreichen die zum Austritt reifen eine Länge von etwa dem zehnten Teile eines Millimeters. Sie verweilen nur ganz kurze Zeit im Aufenthaltsorte ihrer Eltern, und ihr Biograph kann das über ihre erſte Jugendzeit handelnde Kapitel überſchreiben:

Die Trichinen auf der Wanderung. Der Fnhalt dieſes Kapitels iſt aber ein fehr unſicherer. Jn die Blutgefäße ſcheinen ſie nur ausnahmsweiſe zu gelangen, um von dem Vlutſtrome weiter fort in entferntere Körperteile getragen zu werden. Fhr Weg dürfte vielmehr vornehmlih ein freiwilliger in dem ſogenannten Bindegewebe ſein, welches die Muskeln umkleidet und durchſeßt. Je reicher die Muskeln vom Bindegewebe umgeben ſind, deſto größer iſt die Anzahl der einwandernden Trichinen. Fedoch gilt allgemein, daß die Einwanderung in die vom Rumpfe entfernteren Teile eine viel geringere iſt als in die näheren. Am meiſten heimgeſucht ſind das Zwerchfell, die Kaumuskeln, kurz ſolche Muskelgruppen, welche beim Atmen und Kauen gebraucht und beſtändig oder faſt beſtändig beſchäftigt ſind. Man darf annehmen, daß die Bewegung der Muskeln ſelbſt zum Vorwärtskommen der wandernden Trichinen beiträgt. Mit dem Ende der Wanderſchaft beginnt die Periode der

Muskeltrihinen. Wir laſſen über dieſelbe und die damit verbundene Einkapſelung Virchow reden. „Wenn eine junge Trichine in eine Muskelfaſer hineingekrochen iſt, fo bewegt ſie ſi, wie es ſcheint, in der Regel eine gewiſſe Stre>e fort. Sie durchbricht dabei die feineren Beſtandteile des Faſerinhaltes und wirkt wahrſ<einli<h ſhon dadurch zerſtörend auf die innere Zuſammenſeßung der Faſer. Aber es läßt ſi< auh niht bezweifeln, daß ſie von dem JFnhalt derſeiben ſelbſt Teile in ſi< aufnimmt. Sie hat Mund, Speiſeröhre und Darm; ſie wächſt im Laufe weniger Wochen um ein Vielfaches; ſie muß alſo Nahrung aufnehmen, und dieſe kann ſie niht anderswoher beziehen, als aus der Umgebung, in der ſie ſih befindet. Wenn ſie auf dieſe Weiſe die Muskelſubſtanz, den Fleiſchſtoff, unmittelbar angreift, ſo wirkt ſie zugleih reizend auf die umliegenden Teile.

„Um dieſe Wirkungen zu verſtehen, muß man ſih die Zuſammenſezung der Muskeln vergegenwärtigen. Schon für das bloße Auge beſteht alles Fleiſch aus kleinen, parallel nebeneinander gelagerten und dur< ein zartes Bindegewebe zuſammengehaltenen Faſerbündeln. Jedes Bündel läßt ſi< mit feinen Nadeln leicht in kleinere Bündelchen und dieſe wieder in einzelne Faſern zerlegen. Mikroſkopiſh zeigt ſi< auch die einzelne Faſer wieder zuſammengeſetzt. Außen beſitzt ſie eine ſtrukturloſe cylindriſhe Hülle; in dieſer liegt der eigentliche Fleiſhſtoff, der ſeinerſeits aus kleinſten Körnchen beſteht. Die Körnchen ſind der Länge nah in Form von allerfeinſten Fäſerchen (Primitivfibrillen), der Breite nach in