Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6

168 Würmer. Fünfte Klaſſe: Rundwürmer; zweite Drdnung: Fadenwürmer.

Form von Plättchen (Fleiſchſcheiben) angeordnet. Zwiſchen ihnen befinden ſih in kleinen Abſtänden gewiſſe, mit Kernen verſehene Gebilde, die ſogenannten Muskelkörperhen. Die zerſtörende Wirkung, welche die Trichinen ausüben, gibt ſih nun hauptſächli<h an dem eigentlichen Fleiſchſtoff, und zwar weſentli an den Körnchen, Primitivfibrillen und Scheiben fund. Dieſe verſhwinden im größten Teile der Faſer mehr und mehr, und die legtere magert in dem Verhältnis dieſes S<hwindens ab. Die reizende Wirkung hingegen tritt am meiſten an der Hülle und an den Muskelkörperchen hervor, am ſtärkſten an der Stelle, wo das Tier dauernd liegen bleibt. Die Hülle verdi>t ſi< hier allmählich, die Kerne der Muskelkörperchen vermehren ſih, die Körperchhen ſelbſt vergrößern ſich, zwiſchen ihnen lagert ſi eine derbere Subſtanz ab, und ſo entſteht nah und na< um das Tier herum eine feſtere und dichtere Maſſe, an welcher man noch lange die äußere Hülle und die innere Wucherung unterſcheiden kann.

„Je größer das Tier wird, um ſo mehr rollt es ſich ein, indem es Kopf: und Schwanzende einfrüummt und wie eine Uhrfeder ſpiralförmig zuſammengewi>elt liegt. Dieſe Vorgänge bilden ſi< hauptſächlich in der 3.—5. Woche nah der Einwanderung aus. Von da an nimmt die Dicke der Kapſel mehr und mehr zu, und zwar verdichtet ſih insbeſondere der Jnhalt, weniger die Hülle. Der mittlere Teil der Kapſel, wo eben das aufgerollte Tier liegt, erſcheint bei mäßiger Vergrößerung wie eine helle, fugelige oder eiförmige Maſſe, in wel<her man das Tier deutlich wahrnimmt. Über und unter dieſer Stelle finden ſih in der Regel zwei Anhänge, welche bei dur<fallendem Lichte dunkler, bei auffallendem Trichinenkapſel in menſhlihen Muskelfaſern. Vergrößert. Lichte weißlich erſcheinen und ſi allmählich

verdünnen, um in einiger Entfernung mit einem abgerundeten oder abgeſtumpften Ende aufzuhören. Häufig haben ſie die größte Ähnlichkeit in der Form mit dem Ausſhnitt des inneren Augenwinkels. Sie ſind von ſehr verſchiedener Länge und auh an derſelben Kapſel nicht ſelten ungleih. Zuweilen fehlen ſie ganz, und die Kapſel bildet ein einfaches Oval, oder ſie iſt an den Enden abgeſtumpſt oder ſelbſt eingedrü>t. Diejenigen Teile der früheren Muskelfaſer, welche über ſie hinaus liegen, verkümmern inzwiſchen, dagegen ſieht man in dem umliegenden Bindegewebe man<hmal eine ſtarke wie entzündlihe Wucherung, ſelbſt mit Entwickelung neuer Gefäße.

„Über dieſen Umwandlungen vergehen Monate, und bei no längerer Zeit nah der Einwanderung geſchehen weitere Veränderungen an den Kapſeln. Die gewöhnlichſte iſt, daß ſi< Kalkſalze ablagern, oder, wie man wohl ſagt, daß die Kapſeln verkreiden. Nimmt die Kalkmaſſe ſehr zu, ſo überzieht ſie endlich das ganze Tier, und man kann auh unter dem Mikroſkop von demſelben nihts mehr wahrnehmen, ſelbſt wenn es ganz unverſehrt iſt. Es ſte>t dann in einer Kalkſchale wie ein Vogelei.“

Wie lange die Trichine in dieſem vollkommenen Zuſtande der Einkapſelung verharren fann, ohne die Fähigkeit zu verlieren, in einen paſſenden Darmkanal verſeßt, ſich fortzupflanzen, iſt ungewiß. Jedenfalls Fahre, vielleiht Jahrzehnte. Menſchen und Tiere, welche die ſtürmiſche und ſ<hmerzhafte Krankheit, von der eine maſſenhafte Einwanderung von Trichinen begleitet iſ, überſtanden haben, und bei denen die zerſtörten Muskelfaſern dur Neubildungen erſeßt ſind, haben von den von ihnen beherbergten Gäſten keine weiteren Unbilden zu erdulden. Ein höchſt intereſſanter, hierher gehöriger Fall iſt der folgende. Im Jahre 1845 frühſtü>ten nah einer Schulviſitation in einer Provinzialſtadt Sachſens