Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6

Pterosoma planum. Malacobdella. Pilidium. 205

Die Entwi>elung einiger, aber ausſcließli<h das Meer bewohnender Nemertinen iſt ſo wunderbar, daß wir ſie hier unmöglih ganz mit Stillſchweigen übergehen können.

Faſt alle Shnurwürmer ſind getrennten Geſchlechts, und manche legen ihre Eier in Geſtalt von Schnüren oder Gürtelkokons ab, in denen dieſe durh ein zu Gallerte exſtarrendes \<hleimiges Sekret vereinigt auf dem Körper der Mutter zunächſt haften bleiben, bis dieſelbe aus dem Gürtel herauskrieht. Die Larven mehrerer Nemertinen verlaſſen das Ei in einer Geſtalt, daß niemand dieſelben für das halten würde, was ſie wirkli<h ſind, wenn eben ihre Metamorphoſe niht bekannt geworden wäre. Die eine Larvenform, man hat ſie den Pilidium-Typus genannt, verläßt das Ei als ein Weſen, das ungefähr die Geſtalt eines Helmes oder einer Sturmhaube hat. Es iſt über und über mit Wimpern bede>t, und oben endet es wie eine Pi>kelhaube in einer langen feinen Spibe oder in einem Büſchel längerer ſtarrer Wimpern. Der Helm hat eine doppelte Wand, denn der Raum, welcher bei einem wirklichen Helm zur Aufnahme des Kopfes des Trägers beſtimmt iſt, füllt ihn nicht völlig aus. So ſ{hwimmt die junge Larve einige Zeit pelagiſh umher, während welcher an dem Helm Bat>enteile zum Vorſchein kommen und der Vorderund Hinterrand ſih wie Stirn- und Na>kenſchirme ausziehen. Ba>enteile und Schirme ſind am Rande mit Wimpern beſeßt. Fm Fnneren dieſes ſeltſamen | Gebildes entwi>elt ſi< erſt der Shnurwurm, wel- Pilidium. Stark vergrößert. cher, nachdem er einen gewiſſen Grad der Reife und Selbſtändigkeit erlangt, namentlih ſi<h mit Wimpern bede>t hat, anfängt Bewegungen auszuführen, endlih das Pilidium dur<bri<ht und von dannen {wimmt. Das Pilidium ſelbſt bleibt no< geraume Zeit ohne ſeinen weſentlihen Fnhalt, die junge Nemertine, am Leben. Eine etwas einfachere Larvenform wird als Deſorſcher Larventypus bezeichnet.

Zweite Unterordnung. Die geraddärmigen Strudelwürmer (Rhabdocoela).

Die nun folgende Ordnung, die der Rhabdocoela, enthält faſt nur mifroſtopiſche Strudelwürmer, deren Darmkanal ein einfacher Blindſa> iſt, in welchen der Eingang durh einen ſehr kräftigen musfulöſen Schlund führt. Wenn i<h das Wort BVlindſa>k hier gebrauche, ſo muß ih nah neueren, ſehr wichtigen Entde>ungen dieſen Begriff ſogleich etwas modifizieren. Allerdings ſieht man bei den meiſten Nhabdocoelen die Nahrung wie in einem Sa>e angehäuft, allein von der Vorſtellung, daß dieſer Sa> ſih wie der Magen eines Säugetieres verhalte, d. h. ein Hohlraum mit eignen, beſtimmten Wandungen ſei, muß man ſ\i< für die Mehrzahl dieſer Würmer losmachen. Der Magen- und Darmraum iſt vielmehr mit einer eiweißartigen Maſſe erfüllt, die einen Teil des Organismus bildet, und zwiſchen welche die Nahrung gleichſam hineingeſhoben wird, um von ihr verdaut zu werden.

Die Einteilung unſerer Rhabdocoelen in Familien geſchieht nach Lage und Beſchaffenheit des Mundes und Schlundes und der ſehr komplizierten zwitterigen Fortpflanzungsorgane.