Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6

206 Würmer. Sechſte Klaſſe: Plattwürmer; dritte Ordnung: StrudelwürmevL.

Sn den meiſten Fällen reicht die Kenntnis des Äußeren niht aus, um die Art zu beſtimmen, ſondern die mikroſkopiſche Anatomie muß aushelfen. Wix werden am beſten thun, an einigen typiſchen Gattungen die Familiencharaktere zu entwideln.

Fn Teichen, Gräben und im Meere leben die Arten von Prostomum. Die fleinen ſehr lebhaften Tierchen haben in dem zugeſpißten Vorderende einen hervorſtülpbaren Rüſſel liegen (Fig. 1a), welcher an den Rüſſel der Shnurwürmer erinnert, indem er gleich dieſem in einer beſonderen Höhlung enthalten iſt, mit dem Darmkanal nicht in Verbindung ſteht und bloß zur Bewältigung der Beute dient. Die Mundöffnung liegt vom Vorderende entfernt an der Bauchſeite, und aus ihr kann das musfulöſe S<hlundorgan (Fig. 1b) hervortreten, womit das Tier ſih an ſeine Beute, namentlich die mikroſkopiſchen Krebschen, anhängt und ſie ausſaugt. Jn dem dieren, faſt feulenförmigen Leibesende liegt ein ſehr ſcharfer Stachel in einer Scheide, der mit den Fortpflanzungsorganen in Verbindung zu

; ſtehen ſcheint, allein, wie man ſih an jedem

: Exemplare überzeugen kann, offenbar auch zur Verteidigung gebraucht wird. Jch ſah beſonders häufig bei einer Art, welche ih Prostomum furiosum genannt habe, wie das Tier, ſobald es in cine kritiſche Lage kommt, mit dem Stachel ganz wütend um ſich ſticht, niht anders als eine gefangene Weſpe.

Eine gar abſonderliche Geſtalt hat die Gattung Convoluta. Fndem nämli<h das Tier die dünnen Seitenteile des Körpers na< unten umbiegt, nimmt es die Form einer Papiertüte an. Die trichterförmige Mundhöhle liegt am Bauche, und vor ihr ein Bläschen, welches wohl ein Gehörwerkzeug vorſtellt. Jn den nordiſchen Meeren

Y lebt die mehrere Millimeter lange, braune

E E 9) Convoluta. (onyoluta paradoxa. Andere Arten ſind

aus dem Mittelmeer, dem Atlantiſchen Dzean

bekannt, von denen einige grüne von beſonderem Fntereſſe ſind. Die grüne Färbung iſt fein Eigentum des Tieres, ſozuſagen, rührt vielmehr von Algen her, die ſi< in der Körpermaſſe der Würmer eingebettet vorfinden. Haberlandt hat dieſe Verhältniſſe bei einer Art der atlantiſhen Küſte Frankreichs (Conyoluta roscoffiensis) genauer unterſucht. Die Algen zeigen denſelben Bau wie manche andere frei lebende, haven aber feine beſondere Hülle und gehen außerhalb des Tieres bald zu Grunde, da ihnen die Fähigkeit abgeht, ſi< mit einer ſhüßgenden Zellmembran zu umkleiden. Dieſe Hüllenloſigkeit iſt eine Nü>bildung, da ſie zufolge ihrer Lebensweiſe in der Convoluta genügenden Schuß finden. Sie ſind völlig zu Beſtandteilen der Gewebe ihres Wirtes geworden und vermitteln für denſelben die Aſſimilation, indem ſie bei reihliher Vermehrung aus anorganiſcher Subſtanz organiſche produzieren. Es iſt ſehr wahrſcheinlih, daß ausgewachſene Konvoluten überhaupt gar niht mehr ſelbſtändig freſſen. Sie halten ſich oft tagelang ruhig auf einem Fle> und zwar in einer Stellung, daß ſie einen möglichſt großen Teil ihres Körpers dem Lichte ausſeßen. Unter dem Einfluß des Lichtes aber kann die dur< Chlorophyll grüne Alge allein aſſimilieren, der Wurm bietet alſo ſeinem Gaſte die günſtigſten Exiſtenzbedingungen, wenn ex mit ſeinem Leibe möglichſt viele Lichtſtrahlen auf: zufangen verſuht. Die Convoluta trennt dur< langſame Bewegung ihres Paren<hyms