Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6, page 307

Fang der Kraken und ihr Verhalten in der Gefangenſchaft. 265

daß die Kiemen nah außen zu liegen kamen, alles Eingeweide ausgeſchnitten, der Leib dur<hbohrt und ſo auf einem ſpißigen Sto> den ſhon erbeuteten Exemplaren angereiht. Jn der Zeit der Ebbe ſieht man einen Mann wohl 4—5 ſolcher Tintenfiſche fangen; doh ſcheinen ſie hier mehr als Köder für die Angelſchnur, als wie in Ftalien zum Eſſen zu dienen.“

Über das Verhalten des Octopus vulgaris im großen Aquarium in Arcachon an der franzöſiſchen Küſte hat Fiſcher ſehr intereſſante Beobachtungen veröffentlicht. Fm Sommer 1867 befanden ſich ſieben Stück im Aquarium und in den Abteilungen der großen Fiſchbehälter, wo man für jeden aus den Felsſtücken eine Höhle ausgeſchnitten hatte. Sie nahmen davon Beſiß. Wenn einer ſein Verſte> verließ und das von einem anderen mit Beſchlag belegte Loch unterſuchen wollte, nahm der lettere es ſehr übel, wechſelte die Farbe und ſuchte mit einem der Arme des zweiten Paares den Eintritt zu verhindern. Es kam jedo<h nie zu einem ernſteren Kampfe. Das zweite Armpaar, das längſte, wird beſonders zum Angriff oder zur Verteidigung gebraucht, mit den Armen des erſten Paares unterſucht und taſtet das Tier. Über Tag bewegen ſich die Oktopoden wenig; mitunter aber führen ſie ein ſehr eigentümlihes Manöver aus, indem ſie ihre Arme heftig im Kreiſe ſchütteln, wodurch ſie ſih einrollen und verflechten.

Die Farbenveränderungen traten, wie es ſchien, zeitweiſe, ohne ganz beſondere Veranlaſſungen, auf. Einmal ſah der Beobachter, wie ein Octopus auf der ganzen einen Seite des Körpers und Kopfes intenſiv braunrot wurde, während die andere Hälfte grau blieb.

Die ſehr gefräßigen Gefangenen füttert man mit Muſcheln, indem man ihnen täglich ein beſtimmtes Maß der eßbaren Herzmuſchel (Cardium edule) vorlegt. Sie bemächtigten ſih derſelben und führten ſie zum Munde, indem ſie dieſelben mit den Armen und der zwiſchen ihnen ausgeſpannten Haut verbargen. Nach unbeſtimmter Zeit, längſtens nah einer Stunde, warfen ſie die geöffneten und entleerten Muſchelſhalen wieder von ſich; die Salen waren völlig unbeſchädigt. Da die Herzmuſcheln niht vollkommen \<ließen, ſo war die Möglichkeit vorhanden, daß ſie nah und na< ausgeſogen werden konnten. Um ſih hierüber Gewißheit zu verſchaffen, reihte Fiſcher den Oktopoden eine andere Muſchel, einen großen Pectunculus, welcher äußerſt feſt und hermetiſch ſ{hließt. Die Oktopoden benahmen ſich damit wie mit den Herzmuſcheln, und nach drei Viertelſtunden waren auch die Pektunkeln entleert und die Schalen unbeſchädigt. Da hiermit alſo niht zum Ziel zu kommen war, wurde nun den Oktopoden ihre Liebling8nahrung, Krabben, vorgelegt. Sobald der Octopus die Krabbe (den Carcinus maenas) ſi<h ſeiner Höhle nähern ſieht, ſtürzt er ſih über ſie und bede>t ſie vollſtändig mit den ausgebreiteten Armen und der Armhaut. Die Arme ſire>en ſih um das Opfer, jo daß es ſih niht verteidigen kann. Etwa eine Minute lang ſucht der unglü>lihe Krebs ſeine eingebogenen Beine zu bewegen, dann wird er ganz ruhig und der Octopus ſ<hleppt ihn in ſein Verſte>. Man ſieht dann durch die Armhaut hindurch, daß die Krabbe in verſchiedene Lagen gebracht wird, und nath einer Stunde iſt die Mahlzeit beendet. Der Rückenpanzer iſt leer und von den an dem Bruſtſtück haftenden Eingeweiden getrennt; die Beine ſind faſt alle am Grunde abgebrochen; die Beinmuskeln und ein Teil der Eingeweide ſind verzehrt, aber kein Teil des Hautſkeletts verleßt. Wie denn eigentlich der Octopus ſeine Beute tötet, wurde auh dur die Fütterung mit Krabben nicht klar. Nach der Mahlzeit wirft er, wie geſagt, die Reſte vor ſeine Wohnung und bede>t zum Teil den Eingang damit, indem er ſie mit den Saugnäpfen heranzieht. Nur die Augen ragen über dieſen Shußwall hervor und ſpähen auf neue Beute.

Die Heftigkeit und Geſchwindigkeit, womit die Octopus ihre Opfer ergreifen und an ſih reißen, der Wechſel der Farbe während des Angriffs, die Warzen, welche auf der Haut erſcheinen, verleihen dieſen Tieren ein wahrhaft wildes Ausſehen. Wenn ſie jedoch geſättigt ſind, laſſen ſie die Krabben neben ſi< herumgehen und ſi< ſogar von ihnen berühren.