Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6

16 Krebſe. Allgemeines.

meiſt mikroſkopiſchen Geſchöpfen vergeſellſ<hafſtet, von denen uns viele in der Folge begegnen werden. So voll von Jndividuen und verſchiedenartigem Gewimmel auh Landſeen und Teiche mitunter ſind, die Einförmigkeit ihrer Bewohner läßt ſich niht entfernt mit der ganz unglaublihen Mannigfaltigkeit des Lebens unter dem Spiegel des Meeres vergleichen. Mit den meiſten ihrer Verbreitungsgenoſſen teilen die Krebslarven die Eigenſchaft einer ſo vollfommenen Durchſichtigkeit, daß ſie ihre Anweſenheit entweder gar nicht oder nur durch die im Verhältnis zum Körper auffallend großen, oft glänzenden Augen verraten. Dex Stachelapparat, den die meiſten Zoëen in verſchiedenem und oft ſehr ſtark entwi>eltem Grade beſigen, iſt wohl eine Schußwaffe gegen räuberiſche Angriffe freßgieriger Feinde.

Bei einigen langſ<hwänzigen Zehnfüßern, z. B. den Geißelgarneelen (Penaeus), tritt die Zoëa nah einer Häutung in ein abermaliges beſonderes Larvenſtadium, welches das Myſis-Stadium heißt. Mysïs heißt nämlich eine Gattung fleiner Krebſe aus der Ordnung der Spaltfüßer oder Schizopoda, welcher jene Larve ungemein gleicht, und die wohl au< als Schhizopoden-Stadium bezeihnet wird. Eine derartige Larve hat außer den Mundextremitäten noc ſieben Paar Beine, zwei geſtielte Augen und einen gegliederten, aber no< ni<t mit Gliedmaßenanhängen verſehenen Hinterleib mittels deſſen ſie vorzüglih ſ<wimmt. Nachdem dieſe Jugendform bedeutend gewachſen iſt, erſcheint nah einer lezten Häutung das ausgebildete, fortpflanzungsfähige Tier.

Ein Cypris-Stadium findet ſih bei Rankenfüßern und heißt deshalb ſo, weil auf ihm die Larve (in dieſem ſpeziellen Falle auh Puppe genannt) einer häufigen Muſchel: treb8gattung unſerer ſüßen Wäſſer (Cypris) einigermaßen gleicht. Sie beſißt nämlich wie dieſe eine doppeltlappige Schale nah Art der Muſcheln, aus deren unterem Längsſpalt die beiden Fühler und ſe<s Paar Schwimmbeine hervortreten. — Eine eingehendere Darſtellung von weiteren Komplikationen der Verwandlung werden bei den betreffenden Ordnungen eingeſchaltet werden.

Es iſt nun eine auffallende Tatſache, daß bei ſehr vielen Krebſen des ſüßen Waſſers eine ſolche Metamorphoſe ſich nicht findet. Was davon die Urſache iſt, läßt ſich no< niht mit Beſtimmtheit ſagen. Nicht ohne Bedeutung, jedenfalls niht ohne Fntereſſe, iſt folgende Thatſache. Ein kleiner Krebs (Palaemonetes varians) lebt na<h den Beobachtungen von Paul Mayer bei Neapel in ganz ſüßem Waſſer und verläßt das Ei mit ſämtlichen Beinanhängen des Kopſes und der Bruſt, den meiſten Kiemen und den erſten fünf Hinterleibsbeinen in Geſtalt von Knoſpen. Denſelben Krebs beobachtete Boas bei Kopenhagen, aber in bra>igem Waſſer, und hier ſchlüpft ex in viel weniger entwi>eltem Zuſtande aus dem Ei. Die Kopfgliedmaßen ſind zwar alle da, aber von Kiemen und Shwimmfüßen findet ſich no< keine Spur. Es iſt mithin der Entwi>elungsgang dieſes Tieres im ſüßen Waſſer gegenüber der im braigen abgekürzt.

Sehr intereſſant ſind einſhlagende Beobachtungen und Reflexionen, welche Friß Müller in Braſilien über zwei verwandte Süßwaſſer-Garneelen gemacht hat. Die in dem ſchiffbaren Ftajahy- Strom lebenden Garneelen (aus den Gattungen Abyina, Leander und einige Palaemon) verlaſſen das Ci als Zoëa. Anders aber ein in felſigen Bächen lebender Palaemon (P. Potiuma). Während bei ſeinem nächſten Vetter im Ftajaßhy (P. Potiparanga) ein gleihgroßes Weibchen etwa 1200 Eier hat, trägt das des Potiuma ſelten mehr als 20, meiſt ſogar nur 6—8 mit ſih herum, die aber um ſo größer ſind. Hier rüſtet die Mutter durch den im Ei enthaltenen Nahrungsſtoff die Kinder ſo weit aus, daß ſie als faſt ganz fertige junge Garneelen das Ei verlaſſen können, doh müſſen ſie ſih no< innerhalb <L Tagen dreimal häuten, bevor ihre Mundwerkzeuge zum Freſſen geſchi>t ſind. „Unſere (d. h. die braſiliſhen) Bäche“, ſährt Müller fort, „haben ſich meiſt tiefe Schluchten gegraben, in denen ſie mit zahlreichen kleineren und größeren Fällen raſh zu Tage eilen;