Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6

Entwi>elung. Verwandlung. Alter. Größe. Wachstum. 17

die ruhigen Tümpel am Fuße der Waſſerfälle ſind der Lieblingsaufenthalt der Garneele. Schwämme ihre junge Brut umher, wie die Zoëa ihrer flußbewohnenden Gattungsgenoſſin, ſo hätte ſie ſicher zum größeren Teil nah jedem Gewitterregen

„Der ſtrömende Gießbach hinweg im Strudel der Wellen geriſſen.“

Sollte die Art in dieſen oft ſo wilden Bächen gedeihen, ſo müßte entweder die ZoëaZeit eine ſo kurze werden, daß Ausſicht war, ſie oft ohne Gewitter zu dur<hleben, oder es müßte ſhon die Zoëa ſi< in Schlupfwinkel verkriehen und da ſi<h feſtzuhalten lernen. Beides iſt geſchehen; in 3—4mal 24 Stunden iſt jeßt niht nur die Zoëa-, es iſt die ganze Larvenzeit vorüber, und ſhon die Zoëa- Gliedmaßen, die jetzt bisweilen kaum no< minutenlang thätig ſind, haben ihre inneren Äſte zu Gangbeinen entwi>elt, die auffällig kräftige, - ſcharfe, ſtark gekrümmte Endklauen tragen.

Die Kleinheit nun, in welcher die Larven der meeresbewohnenden Krebſe das Ei verlaſſen, ſowie ihre Gewohnheit, nahe oder auf der Oberfläche des Waſſers zu leben, gibt Gelegenheit, daß ſie von den Strömungen auf weite Entfernungen fortgetrieben werden und ſo das Gebiet ihres Vorkommens weſentlih erweitert wird. Ein ungeheurer Prozentſaß freilih geht verloren, aber es gelangen immer no<h genug Jndividuen zur Geſchlechtsreiſe, um den Abgang der Art durch ihren Nachwuchs zu erſeßen.

Wie alt die Kruſtentiere werden, wiſſen wir im allgemeinen niht, manche aber, wie die japaniſche Rieſenkrabbe (Macrocheira Kaempferi), Hummer 2c., mögen ein bedeutendes Alter erreihen. Wenn unſer Flußkrebs reht viel Glü>k hat, kann er ſein Leben auf 20 Jahre bringen, aber ſole Veteranen dürften ſelten ſein. Sacculina caxrcini, ein merfwürdiger, an Krabben ſ{marozender Wurzelkrebs lebt nah den Beobach: tungen von Yves Delage 3 Jahre und 2—83 Monate, und den meiſten kleineren Formen dürfte wohl nur ein kurzes, bisweilen kaum tagelanges Daſein beſchieden ſein. Als Eier ſreili<h können viele jahrelang, vielleiht jahrhundertelang ein latentes Leben haben oder gewiſſermaßen ſcheintot ſein, bis dieſe Eier wieder unter die für ihre Entwi>kelung günſtigen Bedingungen geraten.

Die Größe der Krebſe iſt ſehr ſhwankend und bewegt ſi<h beſonders nah oben in viel bedeutenderen Extremen als bei den Jnſekten; ſo wird die japaniſche Rieſenkrabbe ſo groß, daß ihre Scherenfüße über 3 m flaftern und ſo di> wie ein Mannesſchenkel werden, dabei iſt ihr Rumpf 50 cm lang. Ganz alte Hummern können au gegen 70 cm lang werden. Solche gigantiſche Erſcheinungen ſind aber in der Jeßtwelt Ausnahmen, die meiſten Krabben ſind zwiſchen 2 und 7 cm breit, die Aſſeln erreichen, allerdings nur in einer einzigen Form, welche alle anderen weit hinter ſih läßt, ihr Maximum bei 20 em. Die meiſten niederen Krebsformen ſind klein, ſelbſt winzig, wenn ſie au<h nie im ausgebildeten Zuſtande mikroſkopiſch ſind.

Ebenſo ſ<hwankend wie die Größe iſt natürlih auh das Gewicht der Krebſe. Wie ſ<wer die japaniſche Rieſenkrabbe wird, findet ſih niht angegeben, aber Taſchenkrebſe (Cancer pagurnus) von mehr als 7 kg Gewicht hat man ſchon gefangen.

Das Wachstum der größeren Formen ſcheint langſam vor ſich zu gehen und um ſo langſamer, je älter ſie ſind, kleine Formen ſcheinen hingegen bald das Maximum ihrer Größe zu erreichen, do< dürften namentlih im erſteren Falle die Verhältniſſe in dieſer Beziehung nah Nahrungsreichtum, Temperatur und ſo weiter ſehr ſchwankend ſein. Der erwähnte franzöſiſche Forſcher Yves Dela ge teilt in ſeiner vortreſflihen Abhandlung über Sacculina mit, daß Krabben, welche von dieſem Paraſiten befallen ſind, aufhören zu wachſen, wenn derſelbe äußerlich ſichtbar wird, und demzufolge auh keine Urſache mehr haben, ſi< zu häuten. Daß dies auf die zufolge der Gegenwart des Shmaroßers eingetretene mangelhafte Ernährung zurückzuführen iſt, liegt auf der Hand. Es wurde {hon

Brehm, Tierleben, 3. Auflage. X. 2