Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6, page 567

Sphäridien und Kauapparat. Stein-Seeigel. 517

Squß gegen das brandende Meer zu haben. Die Kalkalgen welche die von Seeigeln bewohnten Geſteine bede>en, lagern ſi<h mechaniſ<h auf das Geſtein und haben keinen Einfluß auf die hemiſche Beſchaffenheit der Oberfläche desſelben, können daher auh nicht mit dem Entſtehen der Vchinus- Höhlen in Zuſammenhang gebra<ht werden.“

An vielen Stellen iſt der Grund des Meeres entlang der dalmatiniſhen Küſte ganz dunkel von Exemplaren des Stein-Seeigels. Die meiſten der regungslos ſich verhaltenden Tiere tragen einige Muſchelfragmente, Steine und dergleichen auf dem Rücken, wo ſie durch die zunächſt befindlihen Saugſüßchen feſtgehalten werden. Jh nahm ein Exemplar mit auf mein Zimmer, entfernte ſeine Bürde vom Rücken und ſeßte ihn in ein weißes mit Meerwaſſer gefülltes Be>en. Er fühlte ſih offenbar ſehr unbehaglich, ſuchte ſih zu verbergen und bede>te ſih alsbald mit Stücken der Lattih-Ulve und Algen, die ih mit in das Beden gethan. Jn einer Viertelſtunde hatte er ſih vollkommen eingehüllt und auch die Muſchel, die ih ihm abgenommen, wieder auf ſeinen Nücken gebracht. Entfernte ih ein größeres Stück der Ulve, fo ſeßte er ſi<h in Bewegung, aber nux, um das verlorene Mantelſtü>k zu ſuchen, wobei er ſehr bedacht war, das, was er ſi<h ſonſt umgehangen hatte, niht zu verlieren. Jh nahm ihm nun die Muſchelſchale, die er als ein ſo wertvolles Gut auf dem Rücken trug, und legte ſie. ihm in den Weg. Daran angekommen, ſette er die Scheiben einiger Saugfüßchen an und ſtellte die Schale nach: einigen vergeblichen Verſuchen, da ihm die Stacheln hinderlih waren, auf die Kante. Nun abex, als dies gelungen, benußte er mit großer GeſchiÆlichkeit die Stacheln und hob mit ihnen und zog mit den ſih ablöſenden Saugröhren ſeinen Beſiß binnen wenigen Minuten auf den Rücken.

Veim Kriechen werden, wie geſagt, die Stacheln als Stelzen benußt, die Saugröhrchen zum Ziehen. Sie können über die Stacheln hervorgeſtre>t werden, und ein mit vielen Saugröhren vor Anker liegender Seeigel gleicht dem von den Lilliputanern gefeſſelten und angeſtri>ten Gulliver.

Mein Bootsmann in Leſina, der ſeit Jahren mich auf meinen dortigen Exkurſionen begleitete, konnte vom Boote aus die Männchen und Weibchen des Echinus saxatilis unterſcheiden. Die erſteren ſind etwas fleiner, dunkler und kugeliger, die Weibchen platter und mehr ins Nötliche violett. Mir wurde die Unterſcheidung ſehr \{<hwer, mein Gehilfe täuſchte ſich jedoh nie. Es ſcheint mir dies die erſte Notiz über die äußere Verſchiedenheit der Geſchlehter zu ſein. Eine andere Behauptung meines Fiſchers begleitete ih zuerſt mit dem ungläubigſten Lächeln. Er ſagte nämlich, nie würden von den Männchen die Steine und' Muſchelfragmente auf den Nü>en genommen, und richtig, alle die mir vom Boote aus als Männchen bezeichneten Tiere ohne jene Bürde erwieſen ſih als tännchen, während ausnahmslos die zahlreichen Stein- und Muſchelträger, welche ih aufbra<h, dem anderen Geſchlehte angehörten.

Es iſt nämlich ſehr leicht, während der Fortpflanzungszeit, die faſt das ganze Fahr hindurch zu dauern ſcheint, an den geöffneten Tieren das Geſchlecht zu erkennen. Die Weibchen haben fünf ſchöne gelbe traubenförmige Eierſtöcke, und dieſe gewähren als eine ſehr ſhmac>hafte Speiſe den einzigen Nußen, den man den Seeigeln nahrühmen kann. IG bekam den Stein-Seeigel zum erſten Male auf einem franzöſiſhen Dampfer beim Diner vorgeſeßt, und ein regelmäßiger Konſum ſcheint ſi< au< nur auf die franzöſiſchen Mittelmeeküſten zu beſhränken, doh werden ſie auh auf Korfu ſehr gern gegeſſen. Fn Marſeille allein ſollen jährlih 100,000 Dutend auf den Markt gebraht und das Dußzend zu 20—60 Centimes verkauft werden. Auch die Kabeljaus und Dorſche freſſen gern Seeigel, wie Agaſſiz ſagt.