Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6, page 672
Orgelkorallen. Riffbauende Korallen. 609
glattwandige Röhre ab, ohne Verkalkung der ſenkrehten Scheidewände. Die Vereinigung im Sto>e, wo ſie gleih Orgelpfeifen faſt parallel nebeneinander ſtehen, geſchieht durch quere Wände. Dieſelben entſprechen jedo<h niht den nah unten ausgebauchten inneren Querwänden, womit ſih der obere lebende Teil der Nöhre von Stre>e zu Stre>e nah hinten gegen den tiefer im Stoke E toten Teil abkapſelt. Die queren äußeren Brücken, welche den Sto>k in Etagen teilen, ſind zwar nicht regelmäßig parallel und konzentriſch und niht ununterbrochen, bezeihnen aber doch im allgemeinen die Wachstumsſtufen. Sie ſind ſehr reihlih von den Nährkanälen durchzogen und für das Ganze dadur<h von beſonderer Wichtigkeit, daß von ihrer Fläche aus die jungen Fndividuen hervorknoſpen. Die Nöhren der älteren Tiere weihen nämlich, indem ſie ſi< verlängern, etwas auseinander, und überall, wo nun der Raum für das Dazwiſchentreten neuer Röhren geſchaffen wird, ſproſſen dieſelben aus den Querbrücken, welche die Stelle der für die Vermehrung ſo wichtigen ‘W Burzelausläufer verſehen. Eine Teilung der Fndividuen oder eine Knoſpenbildung aus den Röhren ſelbſt findet bei den Orgelkorallen nicht ſtatt.
Der Bau und das Leben der Polyven als Einzeltiere und in Kolonien oder Stö>en, wie wir bisher an ausgewählten Sippen und Arten ſchildern konnten, bieten ſiher genug des Wiſſenswürdigen und Feſſelnden. Die Bedeutung des Polypenlebens iſt aber eine weit allgemeinere. Viele Tauſende von Tiergeſhlechtern kommen und gehen. Sie löſen ſi freilih niht in nihts auf, ſondern ihre elementaren Beſtandteile kehren nur in den ewigen Kreislauf des Stoffes zurü>. Sie hinterlaſſen jedo<h ni<hts für das Auge. Die Polypen dagegen, wenigſtens jene zahlreihen Formen, welche man zuſammen als riffbauende Korallen bezeichnet, errichten ſi< Denkmäler für Hunderttauſende von Fahren, und der Einfluß auf das Körperleben und die Entwickelung des Menſchengeſchlechtes iſt der wichtigſte Punkt, auf den ſich ſ<ließli< die Betrachtung des Polypenlebens zu konzentrieren hat.
Welchen Zauber der bloße Anbli> eines ſeichten Korallenriffes ausübt, hat Hae>el nah einem Beſuche der arabiſchen Küſte des Roten Meeres meiſterlih geſchildert. Er iſt aus dem Hafen von Tur hinausgeſegelt, „wo wir die vielgerühmte Pracht der indiſchen Korallenbänke in ihrem vollen Farbenglanze ſchauen. Das kriſtallklare Waſſer iſt hier unmittelbar an der Küſte faſt immer ſo ruhig und bewegungslos, daß man die ganze wunderbare Korallende>e des Bodens mit ihrer mannigfaltigen Bevölkerung von allerlei Seetieren deutli erkennen kann. Hier, wie im größten Teile des Roten Meeres, zieht parallel der Küſte ein langer Damm von Korallenriffen hin, ungefähr eine Viertelſtunde vom Lande entfernt. Dieſe Dammriffe oder Barriereriffe ſind wahre Wellenbreher. Der Wogenandrang zerſchellt an ihrer unebenen, za>igen Oberfläche, welche bis nahe unter den Waſſerſpiegel ragt; und ein weißer Shaumkamm kennzeichnet ſo deutlich ihren Verlauf. Auch wenn draußen auf dem Meere der Sturm tobt, iſ hier in dem dur<h das Riff geſhüßten Kanal oder Graben das Waſſer verhältnismäßig ruhig, und kleinere Schiffe können darin ungeſtört ihre Fahrt längs der Küſte fortſezen. Nach außen gegen das hohe Meer fällt das Korallenriff ſteil hinunter. Nach innen gegen die Küſte dagegen flacht es \ih allmähli<h ab, und meiſt bleibt die Tiefe des Kanales ſo gering, daß man die ganze Farbenpracht der Korallengärten auf ſeinem Boden erbli>en kann.
Brehm, Tierleben. 3. Auflage. X. 39
Bruchſtü>k der Orgelkoralle. a) Junge Jndividuen, Natürliche Größe.