Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6, page 675
612 Hohltiere. Zweiter Unterkreis: Neſſeltiere;, zweite Klaſſe: Blumenpolypen.
wirx uns nur an das ſpärliche Vorkommen von Korallen in dem ſonſt dem Tierleben ſo günſtigen Mittelmeere. Niffbauer ſind alſo alle Aſträen, faſt alle Pilzkorallen, die Madreporen und Poriten und die meiſten Arten aus allen übrigen Familien und Sippen. Die größte Mannigfaltigkeit herrſ<ht natürlih in dem mittleren heißeſten Gürtel, zwiſchen 15 und 18 Grad nördli<h und ſüdlich des Äquators, wo die Temperatur nicht unter 18!/2 Grad Rêaumur fällt. Fn dieſe Regionen fallen die Fidſchi-Fnſeln, deren Riffe ein Beiſpiel außerordentlicher Fülle an Korallen geben. Aſträen und Mäandrinen erreichen hier ihre höchſte Entfaltung. Madreporen erſcheinen als blütenbede>tes Strauhwerk, als große Becher und Blätter, welche lettere bis faſt auf 2 m ſi<h ausbreiten. Viele ‘andere Formen erſcheinen in ähnlicher Fülle und Ausdehnung. Die Hawaii-Fnſeln im nördlichen Teile des Stillen Ozeans, zwiſchen 19 und 20 Grad, liegen außerhalb dieſes heißeſten Gürtels; ihre Korallen ſind deshalb weniger üppig und artenreich. Es fehlen die Madreporen, und nur wenige Aſträen und Fungien finden ſi<, während die weniger empfindlichen Poriten und Pocilloporen in großer Menge dort gedeihen.
Die Korallengattungen von Oſtindien und dem Roten Meere ſind weſentlich dieſelben wie im Zentralteil des Stillen Ozeans, ebenſo die der Küſte von Sanſibar. Auch bei den Pomatus, den öſtlichen pazifiſchen Koralleninſeln, iſt die Mannigfaltigkeit der Sippen und Arten ſehr groß, aber niht ſo groß wie weſtwärts.
Der Golf von Panama und die benachbarten Meeresteile nördlih bis zur Spibe der kaliforniſchen Halbinſel und ſüdlich bis zu Guayaquil liegen au< noch in dem heißen Gürtel, aber in der kühleren Zone desſelben. Die Polypenarten von dort haben durhweg den pazifiſhen Charakter und ſind gänzlih von den weſtindiſchen verſchieden. Es ſind deren niht viele und auf eine geringe Anzahl von Gattungen beſ<hränkt. Es läßt ſich das aus der Beſchaffenheit und Richtung der ozeaniſchen Ströme längs der Weſtküſte von Amerika erklären, welche die Linien gleicher Meerestemperatur ſowohl von Norden als von Süden weit gegen den Äquator zurü>drängen und ſowohl durch ihre niedrige Temperatur als dur< ihre Richtung, indem ſie ſi<h weſtwärts wenden, die Wanderung von Arten aus dem mittleren Teile des Stillen Ozeans gegen Panama zu aufhalten und verhindern.
Obgleich die weſtindiſhen Riffe innerhalb des heißeſten Gürtels liegen, ſind ſie doch im Verhältnis zu. denen des zentralen pazifiſhen Meeres arm an Arten und Sippen. Wir finden dort einige große Madreporen, ſo Madrepora palmata, welche ſi< flächenhaft bis auf 2 m ausbreitet, dann die baumförmige Madrepora cervicornis, die eine Höhe von über 4 m erreicht. Unter den wenigen Aſträen ſind die Mäandrinen am bemerkenswerteſten. Merkwürdigerweiſe lebt, nah Profeſſor Verylls Beobachtungen, keine weſtindiſche Korallenart drüben an der Küſte von Panama, und überhaupt ſcheint keine dieſer weſtindiſchen Arten im Stillen oder Jndiſhen Ozean vorzukommen. Auch aus der Vergleihung der Arten anderer Klaſſen geht hervor, daß mit der Aufrihtung der Landenge von Panama eine Fſolierung eintrat, ſeit welcher die Artumbildung auf beiden Seiten unabhängig vor ſih ging. Die nördlicher, aber im Striche des Golfſtromes gelegenen Bermudas haben ihre wenigen Korallen von Weſtindien empfangen. Auch die Korallen der braſiliſhen Küſte ſüdlih vom Kap Ro> ähneln im ganzen denen von Weſtindien, obſchon die beſonders carafteriſtiſhen Gattungen, Madrepora, Maeandrina, Oculina und andere fehlen.
Als Reinhold Forſter mit ſeinem Sohne Georg vor 100 Fahren mit Coof die Koralleneilande der Südſee entde>te, bildete er ſi die Anſicht über ihre Entſtehung, daß die riff- und inſelbauenden kleinen Tierchen von unergründlichen Tiefen aus allmählih mit ihren Stö>fen und Ablagerungen bis an den Waſſerſpiegel herankämen, daß alſo dieſelben Arten ihre Lebensbedingungen in den verſchiedenſten Tiefen fänden. Wir haben nun 3war dur die neueren Tiefſee- Forſchungen in ſichere Erfahrung gebracht, daß auh die