Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6, page 674

Hae>el über Korallenrifſe und Koralleninſeln. 611

(Trapezia), die ſcharenweiſe zwiſchen den Äſten wohnt, zwi>t uns empfindlih mit der Schere. Noh ſ{limmere Erfahrungen machen wix bei dem Verſuche, die danebenſtehende Feuerkoralle (Millepora) abzubrehen. Millionen mikroſkopiſcher Giftbläschen entleeren ſih bei der oberflählihen Berührung über unſere Haut, und unſere Hand brennt, als ob wir glühendes Eiſen angefaßt hätten. Ebenſo heftig brennt ein zierlicher kleiner Hydrapolyp, der höchſt unſchuldig ausſieht. Um niht auh no<h mit einem brennenden Meduſenſ<hwarm in unliebſame Berührung zu kommen oder gar einem der niht ſeltenen Haifiſche zur Beute zu fallen, tauhen wir wieder empor und ſhwingen uns in die Barke.

„Welche fabelhafte Fülle des bunteſten Tierlebens auf dieſen Korallenbänken durcheinander wimmelt und miteinander ums Daſein kämpft, davon kann man ſi<h erſt bei genauerem Studium ein annäherndes Bild machen. Feder einzelne Korallenſtod> iſt eigentlich ein kleines zoologiſhes Muſeum. Wir ſeßen z. B. einen ſhönen Madreporenſto>, den eben unſer Taucher emporgebracht hat, vorſichtig in ein großes, mit Seewaſſer gefülltes Glasgefäß, damit ſeine Korallentiere ruhig ihre zierlihen Blumenkörper entfalten. Als wir eine Stunde ſpäter wieder nachſahen, iſt niht nur der vielverzweigte Sto>k mit den ſchönſten Korallenblüten bede>t, ſondern au< Hunderte von größeren und Tauſende von kleineren Tierchen kriehen und ſhwimmen im Glaſe herum; Krebſe und Würmer, Kanker und Schne>en, Taſcheln und Muſcheln, Seeſterne und Seeigel, Meduſen und Fiſchchen, alle vorher im Geäſte des Sto>es verborgen. Und ſelbſt wenn wir den Korallenſto> herausnehmen und mit dem Hammer in Stü>e zerſchlagen, finden wir in ſeinem Fnneren no< eine Menge verſchiedener Tierchen, namentli<h bohrende Muſcheln, Krebſe und Würmer verborgen. Und welche Fülle unſichtbaren Lebens enthüllt uns erſt das Mikroſkop! Welcher Reichtum merkwürdiger Entde>ungen harrt hier noh zukünftiger Zoologen, denen das Glüd> beſchieden iſt, Monate und Fahre hindur< an dieſen Korallenküſten zu verweilen!“

Fohannes Walther, welher nah Hae>el die Korallenriffe der Sinaihalbinſel beſuchte, teilt in ſeiner über dieſen Beſuh herausgegebenen Schrift die Bewunderung ſeines Jenaer Lehrers. „Die allgemeine Anordnung der Korallen auf dem Riff möchte ih am liebſten mit einem Park vergleichen. Zwiſchen blühenden Buſchgruppen und buntfarbigen Blumenbeeten verſchlingen ſi< ſandbede>te Wege; bald verſhmälern ſie ſi zwiſchen hohen Büſchen, münden wohl auch in eine ſchattige Grotte, bald verbreitern ſie ſih zu kiesbede>ten Plätzen.“

Nach ſolchen erſten äußerlichen Bekanntſchaften mit den uns Europäern am nächſten liegenden Korallenriffen muß ſicherli<h das Verlangen ſteigen, tiefer in die Eigentümlichkeiten dieſer Bildungen einzudringen und ſie in ihrer allgemeinen Verbreitung kennen zu lernen. Wir halten uns an die Führung Danas, die er in dem früher citierten Werke „Korallen und Koralleninſeln“ niedergelegt hat. Wir werden die betreffenden Kapitel teils im Auszuge wiedergeben, öfters auh, wo es paſſend iſt, wörtli<h überſeßzen, ohne immer wieder den ein für allemal genannten und anerkannten Gewährsmann zu nennen.

Alle riffbildenden Korallenarten leben in den Meeren der heißen Zone, wo die Abkühlung des Waſſers ſelbſt während des Winters niht unter 16 Grad Réaumur herab: geht. Die höchſte Sommerwärme im Stillen Ozean beträgt 24 Grad Réaumur. Zwei Linien nördlih und ſüdli<h vom Äquator, welche die Orte jener gleihen Wintertemperatur verbinden und je na< den Strömungen vielfach ein- und ausgebuchtet ſind, umſchließen die Zone der Korallenriff-Meere. Schon unſere gewöhnliche Schulgeographie hat uns belehrt, daß zwar rings um die Äquatorialzone Riffe vorkommen, daß ihre Verteilung

aber außerſt verſchieden iſt.

Die von uns oben in Überſicht gebrachten ſto>bildenden Korallen haben zum allergrößten Teil ihre eigentlihe und ausſhließlihe Heimat zwiſchen dieſen Grenzen. Erinnern 39 #*