Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6

52 Krebſe. Erſte Ordnung: Zehnfüßer; Familie: Garneelen,

Arten zu unterſcheiden, erfordert gerade bei ihnen ein beſonders mühſames Detailſtudium, wobei die Beſchaffenheit der Fühlhörner, Kiefer, Beine, Kiemen und anderer Teile mit peinlihſter Genauigkeit zu berücſihtigen wäre. Einige Arten ſind jedo<h vor anderen ſo gemein und werden in ſol<hen Maſſen gefangen und verſpeiſt, daß wir ſie mit einigen anderen, dur<h ihre Lebensweiſe ausgezeihneten hervorheben müſſen.

Von den übrigen Garneelen unterſcheidet ſih die Gattung Crangon mit einigen ihr naheſtehenden, indem bei ihr die vier Fühlhörner in einer Linie eingelenkt ſind, während bei jenen die inneren über den äußeren ſtehen. Die ſandigen, flachen Küſtenſtre>en, beſonders der Nordſee und des britiſchen Seegebietes, werden von unzählbaren Scharen des gemeinen Crangon bevölkert (Crangon vulgaris, Garnate, Granate, Shrimp der Engländer, Crevette der Franzoſen). Mit den übrigen Arten hat er die unvollfommenen Scheren des erſten di>eren Fußpaares gemein. Ausgezeichnet iſ er dur< den faſt ganz glatten Körper. Nur auf dem Kopfbruſtſchild finden ſih drei Stacheln. Eine lebendige Schilderung des Fanges der Tierchen, die uns auh mit ſeinen Eigentümlichfeiten näher vertraut macht, hat Goſſe gegeben. „Laßt uns ſehen, womit jener Fiſher ſo eifrig beſchäftigt iſt, und was das Pferd thut, das er bis bauchtief in die See hinein und zurü>gehen läßt, von einem Ende des Strandes bis zum anderen ſeine Schritte jo lenkend als ſollte der Sand gepflügt werden. Und warum beobachtet der Fiſcher das Pferd ſo aufmerkſam? Hor<h! Was ſagt er? Er ruft dem kleinen, das Pferd reitenden Buben zu, heranzukommen, und nun geht er ſelbſt eilig an den Strand, wie das Tier und ſein fleiner Reiter ans Ufer kommen. Wir wollen gehen und ſehen.

„Der Mann iſ höflih und mitteilſam und weiht uns in das ganze Geheimnis ein, das in der That ſogleich offenbar wird, ſobald wir an Ort und Stelle gekommen. Das Pferd zieht ein Net hinter ſi her, deſſen Mündung über einen länglichen, eiſernen Rahmen geſpannt iſt. Nach hinten läuft das Net ſpit zu, iſt aber niht zugeſtri>t, ſondern bloß mit einer S<hnur zugebunden. Der Eiſenrahmen hält die Nezmündung offen und kraßt den Seeboden ab, während das Pferd, mit deſſen Geſchirr es dur< eine Leine verbunden, vorwärts geht. Nun iſt der Sandgrund gerade hier mit einer Art eßbarer Krebſe belebt, der Garneele (Shrimp) oder, wie das Volk hier ſagt, der Sand-Garneele, um ſie von der Felſen-Garneele (Palaemon serratus) zu unterſheiden. Das Maß dieſer SandGarneelen wird, wie der Fiſcher ſagt, zu 1 Schilling an die Fiſchhändler verkauft.

„Das Pferd, welches im leichten Sande und 1 m tief im Waſſer waten und den ſchweren Apparat nach ſi ziehen muß, hat ſchwere Arbeit und kommt offenbar gern aufs Tro>ene, wo es, ſobald das S<hleppney am Ufer, angehalten wird. Nachdem der Fiſcher ein Tuch auf dem Sande ausgebreitet, bindet er die Schnur auf und ſchüttelt das Gewimmel auf das Tuch. Es ſind mehr als zwei Maß, und da der Fiſcher deshalb in guter Laune und außerdem von Natur höflich iſt, wagen wir es, einen Handel vorzuſchlagen. Für eine fleine Münze dürfen wir uns allen Wegwurf aufleſen, nämlich alles, was niht Garneele iſt. Lettere ſind ſehr ſchön. Bell gibt ihre Länge auf 6 cm an, von dieſer iſt die Mehrzahl länger als 8 cm. Die meiſten ſind Weibchen, die ihre Eier zwiſchen den Afterfüßen des Hinterleibes tragen. Das Tier iſt weniger zierlih als manche andere Garneelen. Seine Farbe iſt ein blaſſes, ins Grün ſpielendes Braun; unterſucht man es aber genau, ſo findet man eine Anhäufung von ſchwarzen, graubraunen und orangenen Fle>en, von denen bei ſtarker Vergrößerung viele ſternförmig erſcheinen.

„Sehr luſtig iſt es, zu ſehen, wie ſhnell und gewandt die Garneele ſih im Sande placiert. Wenn das Waſſer 1 oder 2 Zoll tief iſt, läßt ſich das Tier ruhig zu Boden fallen. Dann ſieht man auf einen Augenbli>, wie eine kleine Staubwolke ſih auf beiden Seiten erhebt, und der Körper ſinkt ſo tief ein, bis ſein Nücken faſt in einer Ebene mit dem ihn