Cèrnagora

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dieſer Jahreszeit iſt die äußere Natur, im lehten Kampfe gegen die Nördwinde begriffen , unwirthlich ; im Süden dagegen finden die Feierlichkeiten im Freien unter Zelten ſtatt. Während der Charwoche läßt der Albaneſe und Cèrnogorer die Waffen ruhen; das iſt der Gottesfrieden, den unſere mittelalterlihen Burgherren jeden Sonntag zu halten pflegten. Aber die Blutrache wird nur zu bald auf den Gräbern der Ahnen- von Neuem geſ<hworen. Am Montage und Dienſtage nach Oſtern begibt man ſih auf den Kirhhof; jede Familie hat eine von Generation zu Generation überlieferte Stammiaſfel bei ſi<, welche die Namen ihrer Todten enthält und den Diptychen der alten lateiniſchen und griehiſ<hen Todtengewölbe ziemlich ähnlich ſieht. Es werden Kerzen oder Lampen ‘auf den Gräbern angezündet, und der Tag vergeht unter Gebeten für die Seelen der Verſtorbenen. Dann bleibt auch ihr irdiſches Andenken nicht unberü>ſichtigt, man preiſ’t das Gute, das ſie gethan, und um ihr edles Blut fortzupflanzen, ſuht man Verbindungen , die ihrer würdig ſind; Heirathen ſowol als Verbrüderungen werden hier geſchloſſen. Dieſer letztere Brauch, welchen unter allen Europäern die Griechen-Slaven allein no<. bewahrt haben, beſteht darin, daß man eine theuere Perſon an Bruder- oder Schweſterſtatt annimmt. Während “dieſer erhabenen Feierlichkeit, die der Prieſter gleich einem Ehebunde einſegnet, halten die Liebenden einander bei der Hand; und ſehen \i< gegenſeitig über den Gräbern ihrer Väter einen Kranz