Cèrnagora

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die ordnungsſcheue, ‘rohe Horde iſt, als welche ſie von vielen Publiciſten eben ſo unwahr als lieblos geſchildert wurde. Wir exfennen der Vernunft Firma darin, daß man das Verhältniß zwiſchen Individuum und Geſammtheit zu prüfen verſteht, und können unmöglich überſehen, wie das hochländiſche Volk den Schwerpunkt ſeines Verbandes feſt inne hat, indem das Verhältniß zwiſchen Individuum und Geſammtheit in ſeiner Mitte zugeſchliſfen und angepaßt wird, ohne die auswärts beſchäftigte Regierung ſtets zu beläſtigen, und ihr anderſeits die — oft eiſige Hand ſelbſt unter den traulihen, warmen Fittich der Geſellſchaft zu führen.

„Dieſes patriarchaliſche Leben erzeugt die vollfommenſte Geſammtbürgſchaft unter den Vers wandten, und keiner von ihnen kann verleßt werden, ohne daß alle anderen alsbald ſeine Vertheidigung übernehmen. Dieß iſt der Grund der Blutrache und der Familienfehden, welhe nur ausgeartete Folgerungen eines durchaus erhaltenden Princips ſind. Das Unheil, welches dieſe Fehden mit ſi bringen , wird glü>liher Weiſe dadurch ausgeglichen, daß dieſelben bei dem Cèrnogorer das Gefühl der perſönlichen Würde fräftigen und ihn lehren, jeglichen Streit mit ſeinen Landsleuten als ein großes Unglü> zu betrachten. Im Feuer ſeines Zornes hört man ihn rufen : „„Ne u kèrv! Bog ti- i sveti Jovan! (Nicht auf's Blut! ih beſhwöre dich bei Gott und dem heiligen Johannes 1).#4 —“