Das Nordlicht. Bd. 1-2

Ein Priester umgab sich im weitesten Gange

Mit gläubigen, bleichen und Leichengesichtern.

Nun sprieht er, beleuchtet von rußenden Lichtern,

Mit winziger Stimme, mit zinndünnem Klange,

Vom Golgatasieg über Satan, die Schlange!

Da schleppen sich immer noch Greise auf Krücken,

Mit Weibern und Kindern, mit wimmernden Stimmen,

Von ringsum herbei, um zu Gott zu entrücken

Und, frei durch den Geist, Christi Reich zu erklimmen.

»O kommt!« ruft der Priester: »Ich will euch beglücken, Ihr alle dürft Blüten der Ewigkeit pflücken,

Ihr selbst seid des Geistes lebendige Kronen,

Und kann auch der Tod eure Stiele nicht schonen,

So bleibt doch das Licht und der Hauch für Äonen!

Vernehmt ihr die Worte, die Jesus gesprochen,

So wird in euch selber der Winter gebrochen,

Dann träufelt der Tau einer geistigen Taufe,

Erfrischend und segnend, aus Gott in die Seele.

Ihr folgt tausend Strömen, beim innersten Laufe,

Und sorgt, daß der Trost nimmer unter euch fehle!

© Menschen, und sind in euch selbst Christi Saaten

In eigener Wärme im Herz aufgegangen,

So spendet den Pollen mildtätiger Taten!

Doch scheut euch! Verbergt auch die Scham auf den Wangen:

Kommt dann erst, das Blut Christi stumm zu empfangen!

Der Sommer der Seele wird Lenze befruchten,

Der Ingrimm in euch Christi Feind niederwuchten,

Ein Lenz aber, der in der Seele erblühte,

Währt ewiglich, fleht man, daß Gott ihn behütel«

Die Zuhörer fühlen sich ringsum durchschauert,

Und lichte Gedanken, von Sorgen umkauert,

Die alle zu schwach zum Erblühen geblieben,

Beginnen nun spürbar durchs Dunkel zu sieben.

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