Das Nordlicht. Bd. 1-2

Ein Weib kommt nun plötzlich wie rasend gelaufen: Wohl rasch durch Geschautes verblüfft und verzückt! Ein eisiges Staunen nimmt Herrschaft vom Haufen: Schon wird, ganz in Angst, auseinandergerückt.

Doch hält diese Frau noch die Hände erhoben, Als folge sie, sehend, der hellsten Vision.

Erst mag sie das Kreuz und die Märtyrer loben, Und nun schreit die schauende, wilde Person:

»Ich habe zwölf Kinder auf einmal verloren, Sie wurden vom höllischen Feuer verzehrt!

Ich habe acht Söhne dem Staate geboren

Und selber mit üppigen Brüsten genährt:

Was taten die Götter? Das Wohl ist vernichtet: Wir sind, wie sie selber, zugrunde gerichtet! «

Nun sucht sie und scharrt sie, im Schutt der Ruinen, Ihr Schreien hat furchtbar die Brandnacht durchgellt, Die Mutter des Heilandes sei ihr erschienen: Sie sieht sie als leuchtende Herrin der Welt!

Nun schwört sie, sie werde zum Throne gerufen, Es habe die Mutter sich zu ihr geneigt Und gleich dann, auf herrlich erleuchteten Stufen Gesteilt, ihre Kinder als Engel gezeigt.

Nun ist sie im Taumel zu Boden gesunken.

Sie glaubt, sie hat himmlische Milde getrunken, Da süß ihr die Jungfrau die Lichtbrust gereicht, Und drum ist ihr plötzlich so wonnig, so leicht.

Doch faßt sie sich wieder. Voll jüngsten Verlangen, Zum Volke zu reden, beginnt sie nun laut:

»Ich habe den Heiland, hoch über den Schlangen Der lodernden Welten, voll Ruhe, erschaut!«

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