Das Nordlicht. Bd. 1-2

Denn Veilchenhauch legt dort sich auf die Mantelfalten, Willst du die Demut leicht auf deinem Wesen spüren, Um in der Welt in milder Huld zu walten!

Wer tritt nun schaudernd durch die goldnen Himmelstüren, OÖ Jungfrau, schaut dich Dante jetzt in deiner Größe?

Er wagt es nicht, den Saum von dir nur zu berühren!

Doch ists, als ob er Leben in Gebilde flöße, Die seinem Innern rein wie ein Gebet entsteigen: Verträgt doch seine Urvollendung keine Blöße!

Er scheint mir selbst ein Baum mit reichen Blütenzweigen, Ein hoher Stamm, an dessen Wurzeln Menschen nagen Und dessen Äste Liebeshauche weiter neigen.

Er Jauscht, wie andre gegenseitig sich verklagen. Noch wollen seine Wurzelfühler Leid verspüren, Um alles Menschliche durch sein Gefühl zu tragen.

Genie, wer trachtet-nicht dein Wesen einzuschnüren ?

Du darist, du kannst an Altersschwäche nimmer sterben,

Und deshalb muß der Mensch dein Feuer furchtbar schüren.

Bald wird die Wurzeln dir der Nageneid verderben, Denn jeder fühlt sich durch dein Riesensein beraubt Und tut dir weh, um dich dann rascher zu beerben.

Doch Dantes Lebensbaum hat sich stets mehr belaubt: Da seine Seele bloß das Paradies ersehnte, So leuchtete es endlich in sein Dichterhaupt.

Ein Engelschor, den seine Seele wirklich wähnte Und der sonst unerfaßt am Grund der Seelen weilte, Verhauchte Blüten, die sein Baum ersterbend tränte,

Und vieles, was der Mond zerrüttet hatte, heilte!

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