Der Gottesbegriff meister Eckharts : ein beitrag zur bestimmung der methode der Eskhartinterpretation

durch Augustin und den Neuplatonismus, vor allem durch Proclos’). Wenn man den Begriff des Platonikers in dem rein methodischen Sinn eines „Logikers” versteht, dann müssen auch die idealistischen Motive der aristotelischen Theologie zu seinen ursprünglichen und wesensgemäßen Quellen gerechnet werden, und sie sind, da sie auch das Kernstück der scholastischen Theologie bilden, von entscheidendem Einfluß auf die Neugestaltung seiner eigenen, sofern er sie in ihrem rein logischen Sinn dominierend auswertet.

Eckhart vollzieht mit der Wendung zur Methode des Platonismus in dem vollen Sinne des Wortes eine Renaissance der Theologie. Seine wissenschaftliche Haltung sowohl wie sein total neues Lebensgefühl, das sich in einer grundsätzlich neuen Auffassung des Menschen ausspricht, machen ihn zu einem ganz großen Vertreter jener Bewegung, die wir mit dem Namen der Renaissance zu bezeichnen gewohnt sind. Man wird also die deutsche Philosophie der Renaissance nicht erst mit Nikolaus von Cusa, sondern bereits mit Meister Edkhart ansetzen müssen, denn es besteht auch von Eckhart zu Cusa eine unmittelbare gedankliche Kontinuität, Ja sogar die persönliche eines im übertragenen Sinne verstandenen Lehrer-Schülerverhältnisses. Es ist außerordentlich bedeutsam, daß somit die eigentliche Renaissance nicht auf naturwissenschaftlich mathematischem Gebiete einsetzt, sondern in der eigentümlichen Gerechtsame der Scholastik selbst: in der Theologie: und zwar geschieht die Neuorientierung der Theologie bei Edkhart in dem ausgesprochenen Bewußtsein einer scharfen Geenerscaft gegen die wissenschaftlihe Umwelt und Tradition‘). Durch den

*) Auf die Platonvermittlung durch Proklos hat Klibansky naddrüclich hingewiesen: Ein Proklosfund, Sitzunssberiht der Heidelberger Akademie der Wissenschaften 1928.

°) cf. Einl. zum Opus Tripartitum: Advertendum autem, quod nonnulla in sequentibus propositionibus, questionibus et expositionibus primo aspectu monstruosa, dubia aut falsa apparebunt, secus autem si sollerter et studiosius pertractentur cf. Den 589,1: IM 568,16: Pf. 15:71,15/50ff.; (Den. 555.4f.). Ein Ausdruck für seine geschichtliche Sonderstellung sind auch die vielen Beteuerungen, daß seine Lehre nicht Ausdruck einer persönlichen Sonderlichkeit seien, sondern notwendiger Ausdrud&k der Wahrheit selbst. Teils versucht Eckhart die Kühnheit seiner Folgerungen durch Autoritäten zu decken, in andern Texten aber verteidigt er die für seine Zeit ungeheuerlichen Lehren nur durch den Hinweis auf die Wahrheit selbst. Vielleicht darf in gewissen Grenzen daraus ein Kriterium für die Chronologie gezogen werden. cf. Jostes 110,16: Sanetus Augustinus sprichet: Waz dy sele mynnet, deme wirt se gelich: mynnet si erdische ding, so wirt si erdisch, mynnet si got, so mohte man fragen: wirt si danne got?