Der Gottesbegriff meister Eckharts : ein beitrag zur bestimmung der methode der Eskhartinterpretation

griffe bei Eckhart und Thomas einen total verschiedenen Sinn haben. Wir stehen nun vor der Aufgabe, Eckhart nicht länger als eine, zwar faszinierende Randerscheinung der Scholastik zu betrachten, sondern ihn positiv in einem neuen Sinn als „Vater der deutschen Spekulation” zu werten, zu zeigen, daß Eckhart nicht eine Erscheinung bloß der sich zersetzenden und zerfallenden Scholastik ist. sondern daß die Vernichtung der Scholastik durch ihn nur gleichsam die negative Vorarbeit ist zur Begründung eines deutschen Idealismus. der nur aus einer radikalen Umwendung, einer Revolution der Denkungsart erstehen konnte. Aus religionsphilosophisch systematischen Interessen heraus ist auf diesen Idealismus Edcharts nachdrüclidı von Görland hingewiesen worden‘), dessen Religionsphilosophie Eckharts Theologie als eine spezifische Form religiöser Besinnung zu ihrer Gegenständlichkeit macht. Die Darstellung von Dempf in seiner Metaphysik des Mittelalters brinst zwar bedeutsame Hinweise auf die augustinischen und platonischen Elemente und auf den Logosbegriff bei Eckhart, bleibt aber im Grunde (in der Gefolgschaft Karrers) in thomistischen Interpretationsprinzipien stecken. Neuerdings hat Hirsch den Ausdruck geprägt, es rege sich in den Pariser (Juaestionen Eckharts ein Stück deutscher Idealismus’). Möchte die Frage der Interpretationsmethode somit entschieden sein, deren Berechtigung die Darstellung im Einzelnen erbringen muß, so erwächst ein nicht minder schwieriges Problem aus der Bestimmung der zu interpretierenden Texte. Bezüglich der lateinischen Schriften kann darüber kein Zweifel bestehen, abgesehen von der Unzulänglichkeit, daß sich diese Darstellung nur auf die wenigen bisher edierten Texte stützen kann. Aber selbst das dürfte mit Rücksicht auf das gestellte Thema, nicht ein geschlossenes Bild des edkhartischen Denkens zu geben. sondern nur zunächst einmal die Methode der Interpretation zu bestimmen, nicht so entscheidend sein, wie es scheinen möchte; denn es liegen die für die Interpretation wichtigen Prologe zum Opus tripartitum vor, und die herausgegebenen Schriftkommentare (der von Thery edierte Sapientiakommentar, die Bruchstücke aus dem Genesis- und dem Exoduskommentar und die Predist über Eccelesiastieus bei Denifle) dürften bei der Mannigfaltigkeit ihres Inhalts doch die meisten systematisch wichtigen logischen und theologischen Motive berühren, so daß sich ein relativ geschlossenes

°) A. Görland, Religionsphilosophie als Wissenschaft aus dem Systemgeiste des kritischen Idealismus. 1922 p. 212 Mitte.

”) In der Recension der Grabmannschen Edition der Pariser Quaestionen. Theol. Lit. Ztg. 55 (1928) p. 45.