Der Gottesbegriff meister Eckharts : ein beitrag zur bestimmung der methode der Eskhartinterpretation

der Chronologie zusammen: wie soll in einem solchen Denken, in dem Motive aus allen verschiedenen Traditionen zusammenströmen, in dem alte Auffassungen durch neue ergänzt, ersetzt und überwunden werden, der Interpretationsakzent gesetzt werden? Diese Frage läßt sich nun in dem angegebenen Sinne eindeutig beantworten. Eckhart ist „Logiker” im platonischen Sinn, der auch aus anderen Traditionen alle „logischen” Motive aufnimmt und in seinem System verarbeitet. Von diesem Kern her müssen sowohl positiv wie im Sinn der negativen Kritik alle Motive seines Denkens verstanden werden: sowohl die Begriffe und Termini, die er der Scholastik entnimmt, wie auch die, die er dem Neuplatonismus verdankt: nicht so, als ob nun die Tradition bei Eckhart als belanglos zu werten wäre. Entscheidend ist freilich die Bestimmung der historischen Intention und nur auf diesen Mittelpunkt bezogen sind die traditionellen Motive in ihrer Bedeutung für das System zu werten. Für Eckharts systematische Absicht ist vieles Traditionelle nicht belangvoll, das aber in einem geschichtlichen Bilde nicht fehlen darf, weil gerade darin seine Zeitgebundenheit zum Ausdruck kommt. Zeitgebundenheit und das über die Zeit Hinausgehen führt in vielen Fällen zu direkten Widersprüchen und Brüchen in seinem Denken, aber es läßt sich doch fast immer zeigen, daß der tieferen Absicht des Autors die zeitgenössische Lehre nicht conform geht. so sehr er der Zeit und ihren konventionellen Ansprüchen verpflichtet ist. Gegenüber der früheren unhistorischen Auffassung Eckharts ist besonders durch Denifle und neuerdings durch Thery und Karrer in zahlreichen Belegen seine Zeit- und Traditionsgebundenheit aufgewiesen worden unter besonderer Berücksichtigung des Systems von Thomas von Aquin. So wenig diese Forscher auch zu einer adaequaten Interpretation kommen und, abgesehen von der unhaltbaren Auffassung Karrers, Eckhart sei reiner Thomist, im Grunde in einer schulmeisternden Kritik vom thomistischen Standpunkt aus stecken bleiben, welcher Auffassung sich auch Grabmann bezüglich der Pariser Quaestionen anschließt (a. a. ©. S6), so hat doch die mühevolle und sorgfältige Arbeit des Vergleichens für den Fortschritt der Echartforschung einen unschätzbaren Wert. Sie zeigt nämlich neben E&harts Zeitgebundenheit in sehr interessanter Weise auch gerade seine Abweichungen, die zwar oft scheinbar ganz belanglos sind — etwa die Auslassung des kleinen Wörtchens quodammodo —., die aber unter dem Gesichtspunkt eines grundsätzlich neuen Interpretationsprinzips weit über die von jenen Forschern gezogenen Vergleiche hinaus die fundamentale Veränderung bei Eckhart erkennen lassen, so daß völlig gleichlautende Wendungen und Be-

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