Der Gottesbegriff meister Eckharts : ein beitrag zur bestimmung der methode der Eskhartinterpretation

Thomas unterscheidet also scharf zwei Seinsbereiche: Gottes und der Kreatur. Beiden Berichten kommen hinsichtlich des Seins, des Erkennens und der Wahrheit dieselben Bestimmungen zu, jedoch mit der Einschränkung des Analogieverhältnisses: in der einen Sphäre als increabile, in der anderen als creabile. Der Schnitt liegt zwischen den Arten des Seins, des Erkennens und der Wahrheit. Eckhart nun bestimmt diesen Schnitt zwischen Gott und Kreatur nicht als einen solchen zwischen Arten des Seins, des Erkennens und der Wahrheit, sondern als einen solchen zwischen Erkennen— Wahrheit und Sein. Er prädiziert das Erkennen und die Wahrheit als das increabile von Gott. das Sein als das creabile von den Kreaturen. Der Seinsbegriff wird damit eingeschränkt auf den des Daseins und es wird Gott das Sein in diesem Sinne völlig abgesprochen. Gonsalyus de Vallebona referiert in seiner Quaestio als 4. ratio Equardi: ipse deus est ipsum intelligere et non est esse. Das intelligere in der Allgemeinheit seines Begriffs gefaßt, nicht mit der Einschränkung auf das göttliche Erkennen, ist als eine quaedam deiformitas incereabile., Der bei Thomas immer abschwächende Begriff des quaedam hat also hier diese seine Kraft verloren. In seiner eigenen Quaestio formuliert Eckhart seine These in folgender Weise:

Geyer 8,8: Deus qui est creator et non creabilis, est intellec-

tus et intelligere et non ens vel esse. Ibid. 9,4: ipsum intelli-

gere et ea quae ad intellectum pertinent, sunt alterius conditi-

onis quam ipsum esse, Erkennen und Sein sind einander völlig heterogen. Ekhart kann sich gar nicht genug tun, diese Verschiedenartigkeit eindringlich einzuschärfen. Als auctoritas führt er den Anfang des Johannesevangeliums an: In principio erat verbum. Der Evangelist sage nicht: Im Anfang war das Sein und Gott war das Sein (ens!). Das Verbum in dem ganzen Umfang seiner Bedeutung gehöre zum Intellekt und sei dort ein Sprechendes oder Gesprochenes, nicht aber ein Sein oder mit Sein vermischtes. Ebenso sage der Heiland: Ego sum veritas. Die Wahrheit aber gehöre zum Bereich des Intellekts‘). Der Seinsbegriff hingegen ist streng eingeschränkt auf den Bereich des Daseins, der Kreatürlichkeit:

Gey. 8,1: statim, cum venimus ad esse, venimus ad creaturam,

Daher sage der auctor de causis: Prima rerum creatarum est

*) Geyer 7,12—16: Non autem dixit evangelista: In principio erat ens et deus erat ens. Verbum autem se toto est ad intellectum et est ibi dicens vel dietum et non esse vel ens commixtum. Item dixit Salvator Joh. XIV, 6: Ego sum veritas. Veritas autem ad intelleectum pertinet....

14

wen