Der Gottesbegriff meister Eckharts : ein beitrag zur bestimmung der methode der Eskhartinterpretation

esse, denn die ratio creabilis komme allein dem esse zu 8,8: esse habet primo rationem creabilis. 10. 16: esse conveniat creaturis.

2. Die Vorordnung des Erkennens vor das Sein.

Bevor wir zur Beweisführung dessen kommen, warum das Erkennen vom Sein geschieden sein muß, soll die Frage der Zuordnung von Erkennen und Sein beantwortet werden. Das intelligere ist nicht nur alterius conditionis quam esse, sondern auch altius (ib. 8. 10), es ist ihm vorgeordnet als sein Fundament”); darum beginnt Eckhart seine Darlegung: Gott erkennt nicht darum. weil er ist, sondern er ist darum, weil er erkennt, und Gonsalvus referiert als 5. ratio: intelligere inguantum huiusmodi est subsistens. Ein ähnlicher Satz findet sich zwar auch bei Thomas von Aquin, cf. S. Th. I, 14, 4 ad 2: intelligere divinum est subsistens. Aber es ist eben das intelligere divinum und nicht das intelligere inquantum huiusmodi. das Erkennen schlechthin. Entsprechend dieser These: das Erkennen ist subsistent, das Sein folgt ihm erst nach, erfahren zwei Schriftzitate eine eigentümliche. Auslegung, die wir auch in den späteren Schriften Eckharts wiederfinden (cf. Den. 610, 16; Pf. 59 : 190, 28):

1) Joh. 1: Omnia per ipsum facta sunt, soll so verstanden

werden, daß das „sunt” nicht als Prädikatskopula zu „facta”

gilt, sondern als selbständiges Verb die Bedeutung der Existenz hat: Allem Gemachten kommt das Sein zu als das

Spätere: ut ipsis factis esse post conveniat.

2) Eceles. 24,14: Ab initio et ante saecula creata sum, habe

zwei Bedeutungen, die beide jenen Gedanken zum Ausdruck

bringen: a) creata kann ausgelegt werden als genita: das erzibt die Bedeutung: Bevor die Welt war, bin ih geboren.

b) ereata soll als Adjektiv zu saecula gezogen werden: Vor

der gemachten Welt bin ich. Diese Auslegung steht auch Pf.

59. 190.28. (Zum Ganyen cf. Gey. 7,25 ff; 8, 6-9.)

An einem charakteristischen Beispiel zeigt Eckhart, daß diese Zuordnung von Erkennen und Sein keineswegs Beliebigkeitssache einer Standpunktlichkeit ist, sondern daß sie schlechthin und eindeutig eine solche von Begründung und Begründetem ist. Er operiert freilich noch mit den Begriffen der Seinsmetaphysik. Er spricht von den gradus in perfectionibus. Es wird sich jedoch im Laufe der Untersuchung zeigen, daß sie im Sinne einer logischen Ordnung verstanden werden müssen. Es gehe die Meinung,

10) Geyer 7,9: non ita videtur mihi modo, ut quia sit, ideo intelligat,

sed quia intelligit, ideo est, ita quod deus est intellectus et intelli-

gere et estipsumintelligere fundamentum ipsius esse.

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