Der Gottesbegriff meister Eckharts : ein beitrag zur bestimmung der methode der Eskhartinterpretation, page 81
spruch, sondern die beiden Interessenrichtungen sehen müssen: die sowohl auf die absolute Einheit des Wesens wie andererseits auf den Reichtum seiner spezifischen Bestimmungen gehen.
II. Die Einzigkeit Gottes und die Reinheit des Nichts. 1. Die Einzigkeit Gottes.
Die These: Esse est Deus bekommt ihre eigentümliche theologische und spekulative Prägnanz dadurch, daß beide Begriffe durch das Prädikat der Einzigkeit näher bestimmt werden. Gott ist der Einzige, das Sein ist das einzige, außerhalb welches es nur das reine Nichts gibt. Das hatte für die traditionelle scholastische Theologie die verhängnisvolle Konsequenz der Vernichtung ihres Trinitätsbegriffs. Die Artikel 25 und 24 der Bulle zeigen, daß die Kirche die Gefahr erkannt hatte, wenn sie diese als häretisch zensierte.
Die Bestimmung: „Gott der Eine und das eine Sein“ ist nicht nur eine bloße Abgrenzung gegenüber einer Vielheit, sondern sie bedeutet positiv etwas Höheres, nämlich die Einzigkeit, den absoluten Ausschluß jedes Anderen. Wenn Mose Gott als den Einen bezeichnet, so sagt Eckhart, so habe er Israel damit nicht belehren wollen, „quod Deus sit unus, non plures, sicut sol est unus et non plures, quod et verum est, sed altius aliquid nobis insinuasse“ (IV 246, 19 ff). In dem Beweisgang für die Einzigkeit Gottes knüpft er zunächst an den sensus communis an und referiert die traditionellen Beweise aus der Unendlichkeit und Indistinktheit Gottes (IV 248,818). Das dritte Argument zeigt bereits spezifisch eckhartische Gedankenführung, weil es basiert auf der Propositio: Deus est Esse. Immanent liegt der Gedanke von der Eindeutigkeit des Begriffs esse zu Grunde; daher können nicht zwei oder mehrere Götter sein. Es würde ja daraus folgen, daß in jedem Geschaffenen zwei Seinsbestimmungen und somit ein jedes Seiende zwei Seiende sei”). Die Einzigkeit des Seins schließt also die Einzigkeit Gottes in sich. Das vierte Argument, das die Einzigkeit Gottes beweisen will ex natura huius termini quod est unum, bezeichnet die größte methodische Leistung des eckhartischen Denkens, sofern es den metaphysischen Einheitsbegriff ersetzt durch den der mathematischen monas, das trans-
1) IV 248,19 ff.: (Probatur) tercio ex eo, quod deus est ipsummet esse... Hoc... accepto, sequitur quod impossibile est esse duos vel pluros deos. Item quod si ponantur duo dii, non erunt duo dii, sed aut nullus eorum Deus aut unicus erit Deus. Iterum eciam sequetur, quod in quolibet creato erunt duo esse et per consequens, quodlibet ens erit duo encia.
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