Der Künstler zwischen Westen und Osten

Jakob Böhme 183

wickeln will, muß er eine philosophische Schulung, eine Katharsis des Denkens durchgemacht haben. Er muß ein ‚gesichertes Urteil besitzen über Gut und Böse.

„Wir müssen Magier zu werden suchen, um recht moralisch sein zu können,“ sagt Novalis, der bei diesen Worten sicher an Jakob Böhme dachte. „Je moralischer, desto harmonischer mit Gott, desto göttlicher, desto verbündeter mit Gott. Nur durch den moralischen Sinn wird uns Gott vernehmlich. Der moralische Sinn ist der Sinn für Dasein, ohne äußere Affektion, der Sinn für Bund, der Sinn für das Höchste, der Sinn für Harmonie, der Sinn für frei gewähltes und erfundenes und dennoch gemeinschaftliches Leben und Sein, der Sinn für das Ding an sich, der echte Divinationssinn. (Divinieren, etwas ohne Veranlassung, Berührung vernehmen.)“ Zu Jakob Böhmes Zeit begann sich der lutherische Gottesdienst schon zu vermaterialisieren. Über die heiligen Sakramente wurde disputiert, weil man ihr Wesen nicht mehr begriff. Böhme hat durch seine Einsicht in die tätige Ursubstanz, die „Tinktur“, noch die Möglichkeit, die Transsubstantiation zu erleben.

„Im Brot und Wein (so schreibt er in seiner Schrift ‚Von Christi Testamenten‘) werden zwei Eigenschaften verstanden, als erstes das grobe elementische 'irdische Wesen, das gehöret dem tödlichen Menschen, und denn zweitens die Kraft darinnen, da die Tinktur des Brots und Weins innelieget, welche Tinktur über das elementische Wesen ist, da die vier Elementa im 'Tempe-