Der Künstler zwischen Westen und Osten

Das Maskenproblem 195

durch Vererbung aufbewahrt, sogenannte Archaismen, in jedem Menschen latent liegen.

Rudolf Utzinger sagt in dem erwähnten Buche: „Erinnerungen aus dieser primordialen Bewußtseinsschicht greifen herüber in unser eigenes Kulturleben, keimen in einem Schattendasein fort, qualitativ kaum zu bestimmen, bewußtlos, und nur im Ausnahmefalle gelingt es uns, ihrer habhaft zu werden. Von anderen seelischen Strebungen meistenteils verdrängt, kommen sie nicht an die Oberfläche für unsere Wahrnehmung, von anderen rezenten Kulturüberlagerungen verschluckt. Wieweit uns jene alte Geistesverfassung mit der Welt verknotet, wird daraus ersichtlich, daß in unserem gesellschaftlichen Gebaren (komplizierter liegen die Verhältnisse in der Kunst) Kräfte am Werke sind, für die offiziell unsere augenblickliche Lebensäußerung eigentlich keinen Platz übrig hat, die aber dennoch sich irgendwie Geltung verschaffen. Ein Rudiment solcher magischer Handlungen, äußerlich unvereinbar mit der ausgeebneten intellektualen Wachheit, ist das Maskenwesen, das einen langen Werdegang hinter sich hat, um endlich heute in Scherz, Spielerei, kindlichen Einfall und Mummenschanz lächerlich zu degenerieren. Ein Schauspiel, das in seiner Reinheit die Rechtfertigung primitiver Verknüpfungen und den unverkennbaren Mittelpunkt prälogischer Abläufe erschütternd aufhellt.“

An einer anderen Stelle spricht er vom Lötschental in der Schweiz, wo sich dieses Maskenwesen in einer gewissen Ursprünglichkeit erhalten hat. ‚‚Eine eindring-

liche Sprache reden diese Lötschentaler Masken. Aus 13*