Der Künstler zwischen Westen und Osten

196 Das Maskenproblem

Holz geschnitzt, von groteskem, monströsem Aussehen, deren romantische Phantasie oftmals durch intensive Bemalung noch „wilder“ gesteigert wird. Seltsame Gesichter, bisweilen von einem derben Haar- und Bartwulst umrahmt, mit markanten, roh herausgearbeiteten Nasen, Hörnern und klaffenden Zahnreihen. Ein schiefgezogener Mund läßt in der mutwilligen Ausdrucksbejahung geradezu an irokesische Parallelen denken. Auch sonst könnte man formanalytisch in unsinnig exotische Vergleiche taumeln. Ein Hinweis auf Außereuropäisches drängt sich begreiflicherweise sofort auf, doch von einer Begründung jener Dinge kann nicht gesprochen werden.“

Man kommt in das Absurde, wenn man solche in heutigen Seelen rumorende Archaismen („ethnographische Leitfossilien“, wie sich Rütimeyer ausdrückt) nur durch die Gattungserinnerung erklären wollte. Da blieben die qualitativen Differenzierungen ganz unbegreiflich. Warum solche atavistischen Erlebnisse im Menschen emporsteigen, durch was für Zustände des Seelenlebens (Träume, Krankheiten usw.) sie ausgelöst werden, mag die Psychoanalyse noch einigermaßen verständlich machen können. Weshalb jedoch solche „stehen gebliebene isolierte Fetzen einer früher weithin verbreiteten Kulturschicht“ (Rütimeyer) gerade an diesem Orte, „also in diesem Falle im mitteleuropäischen Alpenlande“, wieder emportauchen und sich zu jenen Gebräuchen umsgestalten, bleibt durch jede noch so tief schürfende Untersuchung der Vererbungselemenie ungeklärt .