Die Französische Revolution

92 Drittes Kapitel.

empfohlen hatte, wurde zugleich für den 19. Juni das Konſeil ®) und für den 20. die Königliche Sißung anberaumt. Die Erörterung hatte einen großen Erfolg Necers aufzuweiſen. Denn an demſelben Tage um 3 Uhr läuft beim Vorſtande des Adels ein Brief ein, worin der König dieſem Vorhaltungen über ſein Gebahren, welches nur den Gang. der Verhandlungen erſchwerte, macht und zugleich ankündigt, daß der Adel keine Berückſichtigung mehr bei der Regierung finden werde ?): vielleicht die ſhönſte Frucht der Vorbeſprechung, die ſicherlich die baldige Aufhebung der Steuervorrechte in nahe Ausſicht ſtellte.

Jener Brief erreichte ſeine Empfänger in der verzweifeltſten Stimmung, inſofern ſie ſhon aus anderen Anzeichen befürchten mußten, ſih die Ungnade des königlichen Herrn zugezogen und damit das Anrecht auf Wahrung der Privilegien verwirkt zu haben *). Hier glaubte man ſogar, daß die Sympathien des Herrſchers auf den dritten Stand übergegangen ſeien *). Deshalb, zur Wahrung ſeiner Exiſtenz, mußte jezt der Adel alle Hebel in Bewegung ſehen. Dabei war ſeine einzige Hoffnung, daß er eine ſo vorzügliche Vertretung wie durch den Grafen Artois am Hofe beſaß, eine Vertretung, die ja auh dem leitenden Staatsmann, Necker, den politiſchen Tod geſchworen hatte. Es kam den Adelsdeputierten ferner zu ſtatten, daß er am 19. Juni noh Bundesgenoſſen in den höheren Klerikern erhielt. Von den Geiſtlichen war nämlich an dieſem Tage wieder einmal die Frage erörtert worden, ob die Vollmachten in Gemeinſamkeit mit dem dritten Stande beglaubigt werden ſollten oder nicht. Nachdem die Entſcheidung — mit knapper Majorität — in leßterem Sinne gefallen war, ließ ſih der Übertritt der niederen Schichten des zweiten Standes zum dritten in Bälde erwarten : die Angſt vor dieſem Bündniſſe trieb nun die Erzbiſchöfe, Biſchöfe und Äbte in die Arme des erſten.

Für den 19. war die erſte große Beratung ®) des Königs mit ſeinen Miniſtern anberaumt. Wie die Königin ſchon die über die Kundgebung vom 5. Mai verſäumt hatte, ſo war ſie au<h diesmal nicht zugegen. Ebenſo vermiſſen wir die Brüder des Herrſchers. St. Prieſt,

1) Revue historique Bd. XLVI, S 45.

2) Bericht eines Marſeiller Adelsdeputierten an den Marquis von Crépy (Revue de la Révolution française Bd. II).

3) Briefe an Puyſegur.

4) Reyne historique Bd. XLVI, GS. 48.

5) Nach Barentin ſoll dieſe Sißung von 12 bis 4 Uhr gedauert haben.