Die Französische Revolution

Viertes Kapitel. Sieg der Revolution. Aufbau des neuen Frankreich.

Der Scylla des Feudalismus, dieſem vielköpfigen Ungeheuer, war das franzöſiſche Staats\chiff glücklih entronnen; um ſo mehr war es in Gefahr, in dem Strudel der Charybdis Anarchie hinabgezogen zu werden.

Die Zügelloſigkeit der Maſſen, wie ſie ſich ſeit dem Anfange 1789 ſchon mehrfach gezeigt hatte, war um ſo gefährlicher, als man aus Smiths „laissez faire“ und „laissez aller“ anarchiſtiſche Konſequenzen zog und das eben erſt anerkannte Recht des Individuums von allen Verpflichtungen zu entbinden ſchien, als ferner Rouſſeaus Lehren den Trieben jener eine größere Exiſtenzberehtigung gaben. Indem er nämlich ſeine ſtaatswiſſenſchaſtlichen Betrachtungen mit dem Reſultat endigen ließ, daß dem Landesfürſten ein Recht auf Herrſchaft nicht zuſtehe und den Amtscharakter ſeiner Stellung unterſtrich !), betonte er, daß das Volk ſouverän ſei. Er ging ſogar ſo weit, der Herr= ſchaft desſelben Unumſchränktheit beizumeſſen ?), woraus wieder Befreiung von den Geſeßen gefolgert wurde ?). Nehmen wir noh dazu, daß Rouſſeau die Repräſentativverfaſſung, die ja im Altertum *®), ſeiner

1) Gierke, Althuſius (Breslau 1880), S. 91 f.

2) Ebenda S. 202,

3) Ebenda S. 232. Wenn man jeßt individuelle Freiheit, Gleichheit vor dem Geſeß und Achtung vor der Perſönlichkeit erreicht hatte, ſo gehörten „dieſe Errungenſchaften ſhon zu den unverwelklihen Ruhmeslorbeeren der helleniſhen Demokratie“ (Pöhlmann, Aus Altertum und Gegenwart, S. 246). Die Ideale des Altertums fanden überdies in der Kunſt bedeutende Anhängerſchaft. „Wenn man in der Revolutionszeit die Antike liebte, ſo war es nur, weil man ſi< ihr wahlverwandt glaubte“ (Muther, Ein Jahrhundert franzöſiſher Malerei [Berlin 1901], S. 21),