Die Französische Revolution

Sieg der Revolution. Aufbau des neuen Frankreich. 123

Rüſtkammer für ſeine ſtaatsrechtlichhen Darlegungen, nicht vorkam, befämpfte, ſo kann man ſich leicht vorſtellen, daß nunmehr die Bewohner der Pariſer Gaſſen die Herrſchaft über ganz Frankreich für ſich beanſpruchten; der Pöbelherrſchaft war Tür und Tor geöffnet *), und die Tyrannenmörder Harmodios, Ariſtogeiton, Brutus waren in vieler Munde, ja ſie galten als unvergleichliche Helden. Die Dinge lagen jeyt ſo wie im alten Rom, als von dieſer Stadt aus ein unermeßliches Reich regiert werden ſollte. Die Geſchichte hat ja gelehrt, daß dergleichen auf die Länge der Zeit unmöglich iſt und daß die ganze Entwicklung der Herrſchaft eines Cäſar zuſtrebte, bloßen Reformen bleibt der Erfolg verſagt. Gab es nun damals in Frankreich jemanden, der den Verlauf der Dinge zu ändern imſtande geweſen wäre ?)? Gab es einen Cäſar?

Mirabeau glaubte allerdings jet die Zeit gekommen, — weil ja die Schranken der Adelsherrſchaſt niedergelegt waren —, um ein zwar durch die Verfaſſung beſchränktes, aber doh noch ſtarkes Königtum zu begründen, gewiſſermaßen als der Herold der von Machiavelli ®) ge\chafſenen Jdee, daß die konſtitutionelle Monarchie den Kräften des Staates am eheſten Geltung verſchaffe. Jett, bei jener Lage der Dinge, trat er alſo, ſeine Stellung wechſelnd, auf die Seite des Königs. Damit aber die Regierung nicht das Werkzeug einer politiſchen Richtung würde ©), ſo trat er in einer Denkſchriſt vom 15. Oktober ®) dafür ein, daß der König ſeinen Wohnſiz in die Provinz verlegte; aber ja nicht etwa an die Oſtgrenze! Nur ſo würde es dem Staats-

und Stoffe aus der alten Geſchichte wurden modern, wie an Davids Schöpfungen zu erſehen ‘iſt.

_1) Es iſ bezei<nend, wenn Matthiez (a. a. O. Bd. LXIX, S. 56) die gefährdete Lage des Königtums leugnet.

2) Ein Titane war nötig, Frankreich zu heilen und dem Abſolutiſten Ludwig die Krone zu bewahren. Da hatte Bismar> 1862 leichtere Arbeit gehabt (Lenz, Ge‘chichte Bismar8 [Leipzig 1902], S. 150 und 170f.), mote au< König Wilhelm das Schickſal Karls von Englands oder Ludwigs XVI. befürchten

3) Man wende nicht ein, daß der Verfaſſer fremde Gedanken in den Verlauf dieſer Dinge trägt, aber wie Bismar>s politiſche Grundlinien mit denen Friedrichs des Großen parallel gehen, ſo de>en ſi< deſſen Gedanken gar ‘oft mit denen Machiavellis oder Richelieus. Wiederholen ſi< do< au< in der Politik ſo manche Erſcheinungen. 4) v. Ranke a. a. O. S. 1—2.

5) Blennerhaſſett a. a. O. Bd. I, S. 460; Erdmannsdörffer a. a. O. S. 94. 114.