Die Geſchichte des Weltkrieges 1914/17.

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die militäriſhe Offenſive! Politiſh waren die engliſhen Emiſſäre ſhon ſeië Jahren in Arabien tätig, um die vorhandene Abneigung der Araber gegen die Türken zu ſteigern und für engliſhe Zwe>e auszunüßen und um den Boden für den Fall eines Zuſammenſtoßes Englands mit der Türfei vorzubereiten. England “ arbeitet politiſ< immer von langer Hand. Es fängt nicht erſt die politiſhe Bearbeitung eines Landes an, wenn ſ<on die Kanonen donnern, ſondern es iſt meiſt beim erſten Käno=nenſhuß mit ſeiner politiſhen Arbeit fertig. : Dazu tommt Englands Geld, das ſtets reihlih [ließt und voc allem rechtzeitig und an die rihtige Adreſſe gelangt und ſeit den Tagen des goldbeladenen Eſels König Philipps von Mazedonien bis auf den heutigen Tag ſeine,

die Politik und Strategie unterſtüßende Eigenſchaft niemals

verloren hat. Erleichtert wurde die friedlihe engliſhe Eroberung Arabiens dur< den Pantürkismus, der die arabiſche Frage niht verſtand, verleßznd auftrat und niht bedachte, daß man ein Volk nur dür<h Erwe>ung von Sympathie und Vertrauen zur nationalen Mitarbeit gewinnen könne. Die auh bei uns in Deutſchland, dank der falſhen und \hönfärberiſhen Orientierung, die ſeit einigen Jahren

Mode geworden iſt, entſtandene, ganz unrichtige -Vor-

ſtellung dex innerpolitiſhen und fulturellen Verhältniſſe in Vorderaſien ließ vermuten, daß der Heilige Krieg England große Schwierigkeiten bereiten würde. Tatſählih haët er gar feine Wirkung ausgelöſt. Der Großſcherif von Mefïta ſelbſt iſt Englands beziehungsweiſe engliſhen Goldes mächtiger Freund und kümmert [ih keinen Deut um den Heiligen Krieg. Er re<hnet mit dem arabiſhen Kalifat, an deſſen Spiße ihn England ſtellen wird, wenn die Stunde hierzu gekommen jein wird. So wenig bedeutet den Arabern der Heilige Krieg, daß ſie es ganz berehtigt erahten, wenn England im Beſitz der heiligen Orte Mekka und Medina iſt, die bisher fein „Chriſtenhund“ betreten durfte. |"

Noch bis zum Jahre 1916 taſteten die Türken, nahdem

eine größere Offenſive 1915 gegen den Suezfanal geſcheitert war, gegen die ägyptiſche Grenze vor. Aber allmählih wurde es doh allgemein klar, daß die von den Engländern zu einer befeſtigten Stellung “allererſter Klaſſe ausgebaute Kanallinie von türkiſhen Truppen niht genommen werden _fonnte. Mit dieſer Einſicht entwidelten ſi gleihzeitig die Anſäße dex engliſhen ODffenſive. Sowohl die Türken, die Ägypten angreifen wollten, als au< die Engländer, die gegen Paläſtina vorzudringen ſtrebten, hatten etwa zwölf Tagemärſche Wüſte zu durhſchreiten. Dieſe Tatſache iſt von beſtimmendem Einfluß auf die Größe der die Offenſive dur<führenden Armee. Dieſe iſt dadurch begrenzt; der Verteidiger aber iſt (theoretiſ< wenigſtens) in ſeiner Zahl

“Türkiſche Kavallerieabteilung auf dem Wege zur Truppenſchau.

- Türken 1915 und 1916 matten, wiederholten die Engländer im Frühjahr 1917. Obwohl ſie in kurzer Zeit eine Bahn dur< die Wüſte bis nahe an die paläſtiniſhe Grenze gebaut und ſih damit weſentli<h leihtere Verſorgungsver= hältniſſe geſhaffen hatten als die Türken 1915 und 1916, wurden ſie doh bei Gaza zweimal geſ<lagen und fanden bei der vorgeſchrittenen Jahreszeit keine Mögli@keit mehr, den Vorſtoß nah Paläſtina zu Land dur<hzuſühren. Mar ſomit hier die Politik ſ<neller und erfolgreiher geweſen als die Strategie, ſo kann doh keineswegs von einem Abſchluß der Unternehmungen geſpro<hen werden. Die Räumungen der Küſtenſtädte dur< die Türken deuten darauf hin, daß man (und das mit Ret) auch den Angriff iiber See auf Paläſtina erwartet. Das Verhalten der vom pantürkiſhen Geiſt wohl etwas übertrieben beſeelten türfiſhen Behörden gegenüber den Juden Paläſtinas gab dieſen leßteren zu ernſten Beſorgniſſen Anlaß. Die Juden Paläſtinas ſind ein außerordentlih wertvoller Beſtandteil _des Landes. Jhre Kolonien ſind muſterhaft, ihr aufrihtiges Verhalten troß mancher ſ<hle<hten Erfahrung mit unverſtändigen und beſte<hlihen Beamten über allen Zweifel erhaben. Wenn die türkiſhe Regierung hier Sympathien

verſcherzt, ſo tut fie damit England den größten Gefallen.

verhältnismäßig unbegrenzt,

hat alſo hiex zweifellos die

größeren Ausſichten. Dieſe Erfahrung, die die

Türkiſche Infanterie auf dem Wege zum Paradefeld. Eine türkiſche Truppenſchau in Damasfus.

__ Nah Aufnahmen des Buſfa.