Die Geſchichte des Weltkrieges 1914/17.

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wonnen hatte. : Somit wirkten die Angriffe der Kurden

und ihre fortgeſeßten Überfälle auf ruſſiſhe Transport=-

züge (ſiehe die Kunſtbeilage) außerordentli<h ſtörend auf die Unternehmungen der Feinde. — © (Fortſezung folgt.)

QC ; o C. _? q Jlluſtrierte Kriegsberichte. ___ Charafkterföpfe der Weltkriegsbühne. ; E Von Dr, Frhen. v. Ma>ay.

: 6. Kerensfi,

(Hierzu das Bild in Band VI Seite 289.) : ; Jeder Menſch will nah dem Lande, in dem er geboren, nah der Umwelt, aus der er hervorgegangen iſt, beurteilt _ ſein: dieſes Geſeß fordert Gehör vor allem auh bei jeder Kritik des Weſens desjenigen Mannes, der heute die erſte Rolle im umgeſtürzten Rußland ſpielt: Alexander Fedoro=-

Nach einer Originalzeichnung von Franz Müller-Münſter.

witſh Kerensfki. Er ſtammt, 1881 geboren, aus dem turkeſtaniſhen Gebiet und hat ſeine Jugendzeit als Gymnaſiaſt in der Hauptſtadt Taſchkent, dem großen Handelsumſ<lagplaz für den Verkehr zwiſchen dem europäiſhen Rußland, Perſien, Kaſhmir und Jndien, zugebraht. Jm Äußeren wie in ſeinem Charakter und in ſeinem Geiſte zeigt er den eten, _rehten Typ des halhorientaliſ<en Südruſſen. Eine ſ<hlanke, zartgliederige Geſtalt, hohe adelige Stirn, \<hwärmeriſhe, glutdur<=drungene Augen, feingeformte Naſe, ſinnliher Mund, leiſe, aber in der Erregung orgelartig an\<wellende Stimme, vornehme Bewegungen und die wohlge=pflegte Hand des Mannes der großen Welt. Ein Ebenbild jener franzöſiſhen Edelleute, die in der Umwälzungszeit ſich an die Spiße der leidenſhaftlih aufgepeitſ<hten Maſſen ſtellten, ſie führten und ſ<hließlih, von dem ſinnlos gewordenen Volkshaufen überrannt, die Wahrheit des Saßes Napoleons erkennen mußten: je mehr Maſſen ih hinter mir habe, deſto weniger freien Willen habe ih tatſählih. Schon als Abiturient hielt ex Brandreden gegen die mosfowi= tiſhen Machthaber, denen ex die Schuld an all den Mißſtänden -auflud, die er um ſi< her gewahrte, und warf ſi< mit Geſinnuñsgenoſſen als Anwalt des bedrücten Volkes auf, Dann fam ex nah Saratow, wo er ſi für die juriſtiſhe Laufbahn vorbereitete, und die Eindrüe, die ihn hier umfingen und auf ihn einwixkten, waren erſt re<t ange=tan, auf der Bahn des umÞſtürzleriſchen Volksführers ihn voran=zuſtoßen. Der Haß gegen den Zarismus in ſtaatlicher wie geiſtcher Geſtalt vertiefte ſih bei ihm noh mehr, und in ſolher Stimmung zog ex, auf Grund ſeiner berüdenden Redegewandtheit von Samara zum ſozialiſtiſchen Abge=ordneten erwählt, in den_ Tau‘riſhen Palaſt ein, nahdem ex ſih in Petersburg als Rechtsanwalt niedergelaſſen hatte. Er wurde in der vierten Reichsduma alsbald Führer der „Arbeitergruppe“, einer Partei, die ſih auf der Shwebe zwiſchen dem radikalen Flügel der “Kadetten und dem re<hten Flügel der Sozialiſten hielt. Sein Programm war: Hilfe allen Mühſeligen und Beladenen, worunter ehr noh als die enterbte, induſtrielle Arbeiterſchaf verarmten, teils dur< die ver=altete Feldergemeinſchaft, teils dur< die Mißwirtſchaft der | Regierung zu drü>ender Taglöhnerſchaft oder zu armſeligem Hausgewerbe verurteilten Kleinbauern verſtand, deren Elend ex in ſeiner Heimat kennen gelernt hatte. Nun brah der Märzſturm aus. Idee und Plan Miljukows, der ſih zunächſt als Führer an die Spiße der Umſtürzler ſtellte, ging exklärterweiſe dahin, daß Rußland das Beis ſpiel Frankreihs von 1792 na<hahmen, mit der Titanenskraft zur Freiheit erwe>ter Maſſen ‘niht nur im Jnnern die Verderbtheit der höheren Geſellſhaft und die Unfähigkeit der früheren Regierung überwinden, ſondern auh nah außen den Feind în gewaltigem Anſturm zurü>werfen und zerſ<hmettern ſollte. Leider machte er ſeine Re<hnung

‘ohne den Wirt, den ruſſiſhen Charakter, von deſſen Weſen