Die Geſchichte des Weltkrieges 1914/17.

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ziemli< dicht hintereinander fahrenden Stiffe Zum Schuß gegen U-Boote oder zux Hilſelciſtung für Fälle von Seenot. — e

Eine herrlihe Stimmung herrſ<hte an Bord. Friſche

Lieder erklangen Tag- und Nacht, die Seekrankheit war bei den meiſten Soldaten bald überwunden und ſie kamen

zum vollen Genuß, zum tiefen Erleben. Blendende

Sonne glißerte namentli<h am Morgen über der ſtillen

See, der Anbli> dex Hochſzeflotte, bie in ſtolzem Lauſe heranftam, bot für die meiſten Leute ein ganz ungewohnt neues Bild. Erſt gegen Abend zogen die Wolken dunÜer am Himmel, Luffihiffe und Flieger, die zur Sicherung mitflogen, verſhwanden, Regenböen praſſelten nieder, Windböen ſchüttelten tie Schiſſe. Mit weit na< Norden

ausholendem Kurſe ful x man an der Weſtküſte Dſels vorbei und drehte dann um Mitternacht gegen Oſten zu ab. Es |

war no ſto>dunfel, als auf unſerem Kleinen Kreuzer des Vortrupps die Alarmalo>en ſchrillten und die Schläfer aufſhre>en. Die Offiziere eilten ‘auf ihre Poſten, die Mannſchaften luden die Geſhüße, der Arzt hantierte in

der Meſſe an ſeinen Jnſtrumenten: das Schiff machte klar

Illuſtrierte Geſichte des Welttrieges 1914/17.

mit ſeinem gewohnten | E en Lächeln die A&ſeln. „Aber

_ih_ habe ein gutes Gewiſſen, ſo ſage ih Ihnen denn: auf

Wiederſehen — morgen ſrüh!“ - s „Möchte es ſo ſein — ih wünſche es Ihnen aufrichtig.“

Der Stabsarzt trat zurü>, und der Transport verlie} das Haus. Es wurde wieder ſtill. Eine geraume Weile lag

Doktor Ullrih no< wah. Er konnte niht wieder einſ lafen,

er mußte an die beiden Frauen unten denten. Wie würden

ſie ſi< änsſligen! Und der Verda>t, den der Kriecegerihts=- —

rat geſtern abend zu ihm ausgeſprochen, fiel ihm jeßt wieder _auf die Seele — doppelt ſ<wer. Wenn Denhardt nun doh ret hatte und Duponts glatte Sorgloſigkeit nur eine gut gemachte Masïe war? e : Eine Stunde mochte wohl ſo vergangen ſein, da über= fam den Stabsarzt na< dex anſlrengenden Tagesarbeit im Lazarett do< wieder die Müdigkeit, und ex becann von neuem în S{lummer zu fallen. Die Außenwelt verſank für ihn. Nux einmal machte ex no< eine halbe Bewegung

_des Lauſchens: Knarxrte es niht da draußen, als ob jemend

leiſe von unten die Treppe heraufkäme? Er hordte, abcr nux noh mit halbwachen Sinnen, und es wäx ihm auc, als

Am Ufer des Tigris, Deutſche Laſlkraftwagen bei Moſul auf L lößen, Keleks genanné, die aus aufgeblaſenen Ziegenhäuten mié darüber gelegten

Phot, Berl;

(uſtrat,=Geſ, m, b.

Baumſtämmen beſtehen. è

zum Gefecht, man ſtand vor der Taggabucht, zum Ein-

laufen und zum Landen bereit! :

Die Brieftaube. Erzählung aus dem Kriege. Von Paul Grabein. 5 (Fortſeßung.) -Dex Gefreite bedeutete Dupont ſtumm, voranzugehen,

ſeinem Kameraden nach, er ſelber folate dann als leßter, und gemäß der ihm gewordenen Weiſung {<loß er die

Tür des Laboratoriums hinter ſi< ab und nahm den

Schlüſſel an ſi. e :

„Ah — in der Tat ſehr vorſichtig!“ Dupont lachte ſpdtz tiſ<h auf, aber es flang niht ganz frei. Doch nun zu>te er die Achſeln: „Wohlan — marſchieren wix, wenn's beliebt!“ Und mit erzwungenem Gleihmut, die Hände in die Überziehertaſchen ſte>end, ſchritt er entſhloſſen aus.

Als die drei în das darunterliegende Sto>werk ae-

langten, öffnete ſih eine Tür, und es ſtand dort, raſh

angeftleidet, Doktox Ullrich. „Was geht denn hier vor? Dex Geſreite erſtattete Meldung. - Betroffen ſah dex Stabsarzt ſeinen Hauswirt an. E „Herr Dupont — Sie Arreſtant?“

„Ja, Herr Doktor, Sie ſehen mi<h niht weniger über--

raſht. Indeſſen die geſtrenge Kommandantux —“, er zu>te

ob ſih nun cine Weile ſpäter droben im Manſardenſto> ein Geräuſh hören ließ, wie wenn man einen Schlüſſel ins Schloß ſte> — nun no< einmal. — Abex er nahm das alles

nx ganz verſ<wommen wahr, wie im Traum, und er wußte

ſelber nit, ob es niht überhaupt ein ſolher war. Dennoch machte ex einen Verſuch, ſih aufzurihten, aber da war es wieder ſtill, und ſ<laſtrunken ſank ihm im nächſten Augenbli> der Kopf in die Kiſſen zurü>. Eine Minute ſpäter war ex feſt eingeſchlafen. :

Es war im erſten Morgengrauen, da erhielt das Haus

“abermals einen Beſuch. Diesmal wax es der Krieagasgerid<ts=

rat mit dem Adjutanten und einer Ordonnanz, einem Che= miker von Beruf in ſeinem Zivilleben. Nach Beendioung der Verhöre und der Hausſuhungen an anderen Stellen, ſo au< ſhon auf dem Geſchäſtszimmer dex Gasanſtalt, | die aber ſämtli< zu keinem greifbaren Erfolge geführt hatten, ſollte nun zuleßt au< hier das Haus no< durs ſucht werden. SS E “So gingen die drei denn zunächſt hinauf in die unter Vex\{<luß genommenen Manſardenräume. Mit arößter Auf= merkſamkeit wurde alles durſtöbert, jedes Fach, jeder “Winkel, jeder Behälter, jedes Fläſ<h<en, ja, der Chemiker unterſuchte ſelbſt die Flüſſigkeiten in den Retorten UND Reagenzgläſern — aber nirgends fand ſi< etwas Verdächtiges. Mißgeſtimmt verließ da Denhardt mit ſeinen beiden Ve gleitern das obere Sto>werk wieder. Sie gingen hinunter