Die Geſchichte des Weltkrieges 1914/17.

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Slluſtrierte Ge]<ihte des Weltkrieges 1914/17. -

ihm ſ<wer, den Weg zur Wohnung des Bruders zu finden. Doch endlih war er dort, das Haus ſtand no< unverſehrt. Nun trat ex bei dem Stabsarzt ein.

Es war ein ernſtes Wiederſehen, bei aller Freude des

Bruders, daß er der Hölle da vorn glü>li<h entronnen war, und nah kurzem Geſprä forſhte Kurt denn gleih na< dem Verbleib der Familie Dupont. Da erfuhr ex alles, das tragiſhe Geſchi>, das den Vater ereilt und damit auch die Frauen ſo [<wer betroffen hatte.

„Die Unglü>lichen!“ Tief ergriffen bli>e Kurt vor ſi hin. Erſt nah einer Weile forſhte er: „Und wo ſind die Damen hingekommen?“

„Sie gehören zu denen, die na< der Shweiz entlaſſen worden ſind. Jh ſelber habe es befürwortet, es war Men=ſhenpfliht. Die beiden Frauen waren völlig gebrochen. Die Geſundheit der Mutter iſt aufs ernſteſte erſchüttert, und Jrene wird nur noch ihrer Pflege leben — das wird fortab e Aufgabe ihres Lebens ns

Kurt ni>te ſtill vor ſi hin. Dann wandte er ſi langſam ab und trat ans Fenſter. Von dort ſtreifte ſein Bli> no< einmal über das Ruinenfeld der zerſchoſſenen Häuſer. Wie eine ergreifend {were Klage ſtieg es aus dem rau<hgeſ<wärzten Trümsmerhaufen zu ihm auf eine Klage des Genius der Menſchheit über die Verblendung dieſes irregeleiteten, ſi ſelber und andere zerſtörenden Volkes. Und in die gewaltige, düſtere Symphonie des Grauens klang ſ<merzlih verhallend das Leid der einzelnen aus, die das Schi>ſal mit hineingeriſſen hatte in die große Wirrnis der Vernichtung.

Die Eroberung von Dſfel.

Von Dr. Friß Wertheimer, Kriegsberichterſtatter der Frankfurter Zeitung.

2. Der Siegeszug durch die Inſel,

Die deutſhen Großtampfſchiffe legten ſi Draußen quer vor die Taggabu<ht und eröffneten vor |e<s Uhr das Feuer gegen die an den Buchtſpißen auf= geſtellten ſ{<wcren ruſſi[hen Strandbatterien auf Ninnaſt und Hundwa. Die Gegenwirkung war nur [<wa<; als ſpäter an zwei Stellen Torpedoboote Sturmtruppen landeten, konnten dieſe ohne viel Gegenwehr die beiden Batterien erbeuten. Nun entwi>elte ſih auf den ſtillen Waſſern des geräumigen Beckens das bunte Leben eines e<ten Kriegshafens. An der Oſt- und Weſtſeite

der Bucht wurde zu gleicher Zeit gelandet. Zwar wachte

der Ruſſe bald auf, und eine Feldbatterie von ſe<s Geſhüßen ſtreute mit Shrapnellen von der Oſtſeite her die weſtlihe Landungſtelle und die in der Bucht liegenden Schiſfe ab. Die Torpedoboote erwiderten das Feuer, und ſo gab es eine Stunde lang ein lebhaftes, wahrhaft fkriegeriſhes BVild in der Bucht. Dann aber eroberte bald das auf der Oſtſeite gelandete Regiment die ruſſiſhen Geſhüße im Sturm und der Geſchüßdonner ſ<hwieg. Nun erſt famen Geſhüße und Munition, Feldkühen und Bagagen, Pferde und Trains an Land und folgten den vormarſcierten Truppen. Die waren inzwiſchen allerdings weit vorg+fommen, obſ<hon das Wetter re<t ungünſtig war und aus den leiſe herabſtrömenden Nebelſprißern allmählih ein

rihtiger Landregen wurde. Der ruſſiſ<he Widerſtand war \<hwa<h. Die Haupttruppen hatte der Gegner unten bei

Arensburg und auf der Sworbehalbinſel, wo ja in Zerel

ſeine ſtärkſten und modernſten Küſtenbeſfeſtigungen ſtanden. Dort erwartete er wohl au<h unſere Landung. Jedenfalls erfolgte von ruſſiſcher Seite fein energiſcher Verſuch, unſere Truppen auf ihre Schiffe zurüGuwerſen. Ein Teil der Arensburger Garniſon zog nah Südweſten, um die Sworbe=halbinſ:l zu verteidigen, oder au<h, um ſi<h von dort abtransportieren zu laſſen, die Hauptmaſſen drängten auf der großen Landſtraße nordoſtwärts, um den rettenden Steindamm zwiſhen Öſel und Moon zu gewinnen. Die im Norden: der Inſel ſtehenden feinen ruſſiſhen Truppenteile verteidigten ſih ſ<hwa<h. Widerſtand der Beſaßung von Kielfond wurde im Sturmangriff mit blankem Bajonett gebrochen. Die- Flug- und Funkenſtation Papensholm, weſtlich davon, fiel nah einer gründlihen Beſchießung dur<

unſere Seeſtreitkräfte hon

Zwei deutſche Grüße an England.

am’ Nachmittag Radfahrerpatrouillen als reiſe Beute zu. Fünf unverſehrte Flugzeuge ſtanden da, die Flieger waren zu Fuß davongegangen. Inzwiſhen war von der auf Pammerort gelandeten Sonderabteilung eine Radfahrergruppe auf der Straße LaisbergArensburg na< Süden vorgegangen, und eine Stuxrmabteilung drehte na< Oſten ab, mit dem Auſtrag, den Brückenkopf von Orriſar zu beſc en und damit den Ruſſen den RüGzug abzuſchnei=den. Jn Laisberg halle dieſe Gruppe das Glüd>, Zu Beginn einer eſtniſhen Bauernkirmes anzukom= men, zu der die Bauern von ringsum im Kreiſe mit Pferden und Wagen herbeigeeilt waren. So y gab es glei<h für Mann| ſchaften und Gepä>k Be- förderungsmögli<teit; der Hauptteil marſchierte [o=fort dcx Küſte enilang, um am Abend noh bei Ligo=lasma den rehten Flügel dieſer ruſſiſhen Brü>en=topſſtellung zu erreichen. Nach kurzem Gefecht ſtieß man gleich bis Thomel herunter. Dex Brü>ken= Topf war zwar von den Ruſſen beſetzt, die Truppen lagen aber niht in Stellung, ſondern in Gruppen von ſe<zig bis hundert Mann in großen Bauerngehöften in angenehmem Quartier. Dort hob man ſie einzeln na<h meiſt geringem Widerſtreben aus. Die große Arensburger Straße wurde beiderſeits Thomel geſperrt, während. eine kleine Abteilung von Orriſar \üd=oſtwärts zog, um auh gleih den dur< einen eigenen

kleinen Brü>enkopf geſperrten Eingang zum Steindamm

Öſel—Moon zu beſetzen. Auch das gelang. Noch in der Nacht fingen die Poſten bei Thomel ein von Arensbuxrg

Zur Flucht anſauſendes Perſonenauto ab, ferner cinen

Laſtkraftwagen mit ſe<s Staatsbeamten und 200000 Rubeln der Arensburger Staats- und Stadtkaſſe.

Am folgenden Morgen des 13. Oktobers gingen die Bez wegungen planmäßig weiter. Den ruſſiſ<hen Widerſtand in der Linie Kergel—Mönnuſt bra<h man raſ<h dur< Um=-

_gehung von Norden hex, ‘obgleih der Ruſſe Maſchinen-

gewehre und Arlillerie hatte und die eigene Artillerie no<

niht heran ſein konnte. - Als die über Kergel vormarſchie=

renden Truppen Jrraſſe, aht Kilometer nördlich von Arensburg, erreihten, warfen ſi< ihnen vier Sotnien der Grenz-