Die Physiognomie des Menschen

haben. Andererseits gibt es aber auch schwarzhaarige Menschen mit heller Haut, was daher kommt, daß der Mensch von allen Tieren die verhältnismäßig zarteste Haut hat. Polemon und Adamantius erinnern daran, daß eine Deutung nach der Haarfarbe mit großen Fehlerquellen zu rechnen habe.

Schwarze Haare:

Polemon und Adamantius deuten schwarze Haare auf Furchtsamkeit und Schalkhaftigkeit. Die Bewohner heißer Länder, z. B. die Aethiopier, haben schwarze Haare und sind furchtsam und schalkhaft. Von der Natur furchtsam ist, wer blutlos und kalt ist. Die Bewohner heißer Länder erkalten leicht, da ihre Hitze leicht aus den Poren ihres zarten, erschlafften Leibes entweichen kann, wie Aristoteles in seinen „Problemen“ betont. Sie sind aber verständiger als die Bewohner kalter Gegenden, und zwar aus demselben Grunde, aus dem auch Greise verständiger sind als Jünglinge: sie sind nämlich gelöst und kalt, da sie an heißen Orten wohnen. Die Furchtsamen gehen einer Sache mehr auf den Grund als die Zutraulichen und können daher auch mehr entdecken. Galen gibt im zweiten Abschnitt seines Buches ‚Von den Temperamenten“ an, schwarze Haare entständen aus den von der Hitze entzündeten Dämpfen, die Ausscheidungen verwandelten sich in Ruß, wie auch das Blut und dergleichen durch Entzündung schwarz würde. Avicenna leitet die Schwärze der Haare von der Hitze ab; aus der entzündeten Feuchtigkeit entstehe ein schwärzlicher Dampf, der seine Beschaffenheit den Haaren mitteile. Gegen Galen und Avicenna wendet sich Aristoteles in seinem Buch „Von den Farben“: Manche Hunde und Ziegen sind schon bei der Geburt schwarz, obwohl sie dann noch keine verbrannte Nahrung in sich haben, und je mehr sie vor Alter austrocknen, desto mehr verlieren sie die schwarze Farbe, was doch nicht der Fall sein könnte, wenn mit zu-

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