Die Physiognomie des Menschen

Herzog Karl von Burgund, der großmütig und kriegslustig war und sich von niemand besiegen ließ, hatte eine strenge und drohende Stirn. Der große Caythbejus, der Sultan von Memphis, hatte eine sehr feine und schlaue Stirn, brachte es, obwohl von nirdcerer Herkunft, durch seine Kriegskunst zu den höchsten Stellen und wurde sogar zum Sultan gewählt.

Die zwischen der heiteren und der getrübten stehende Stirn:

Eine solche Stirn bezeichnet nach Aristoteles die Mitte zwischen Frechheit und Schmeichelei. Wie die heitere und die trübe Stirn sind auch Schmeichelei und Frechheit Gegensätze. Der griechische Text des Aristoteles ist an dieser Stelle lückenhaft, wir haben ihn ergänzt, so gut wir konnten, teils nach dem Sinn und der Wortfolge, teils nach der lateinischen Übersetzung. Eine solche hervorragende und königliche Stirn hatte Kaiser Franz I. von Frankreich, der als Kriegsmann unermüdlih war und dem niemand an Tapferkeit, Beständigkeit, Aufrichtigkeit, Sanftmut und Gottesfurcht gleichkam; allen war er an Verstand und Gedächtnis vorauf.

Die erhobene Stirn:

Sie deutet nach Polemon und Adamantius auf Hartnäcigkeit oder Fredhheit. Der Augenschein lehrt, daß freche, hartnäkige Menschen und Tiere die Stirn nach oben strecken, und daß dies schließlich ein bleibendes Zeichen wird.

Die unfreundliche Stirn:

Wer eine finstere Stirn hat, ist verdrießlich. Wer traurig ist, macht eine unfreundliche Stirn. Eine unnatürlida rohe Stirn hatte Christiernus, der König von Dacien, der alle Tiere des eisigen Ozeans — man könnte denken, dieser schreckliche Mensch sei unter Walfischen groß geworden — und

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