Die Physiognomie des Menschen

sagte nach eingehender Betrachtung, er sehe einen schwelgerischen, wollüstigen und trügerischen Menschen, wofür er von den unwilligen und aufgebrachten Schülern beinah mit Stöcken geschlagen wurde. Als man aber dies Urteil Hippokrates erzählte, gestand er, Philemon habe durchaus die Wahrheit gesagt; nur durch Liebe zu Weisheit und Tugend hätte er alle Leidenschaften seines Herzens unterdrückt und durch Eifer und Genügsamkeit zum Leben erweckt, was früher seiner Natur vorenthalten war. Diese Wissenschaft der Physiognomik finden wir in den Schriften der pythagoräischen und sokratischen Philosophen aufs sorgsamste aufbewahrt. Aristoteles empfahl dem Alexander, sie als nützlich und notwendig zu lernen, und forderte ihn auf, seine Beamten nach dem Gesichtsausdruck zu wählen. Avicenna’) wies ihren Nutzen für die Aerzte nach, die mit ihrer Hilfe aus dem Gesicht und den Augen Krankheiten erkennen können. Um diese Wissenschaft also wollen wir uns bemühen und sie freundlich bei uns aufnehmen als die wahrhaft unsrige, dieweil sie ja von uns selbst handelt. Wer sie nicht liebt und ihr nicht zugetan ist, liebt weder die Philosophie, noch sorgt er für die Bedrängnisse seines Lebens.

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