Die Physiognomie des Menschen

den oder Süden sie leben. Die Völker an den Grenzen Libyens, die Nomaden, Hiberer und Libyer, sind den Aethiopiern ähnlich. Zusammenfassend könnte man also sagen, daß bei den südlichen Völkern das trockene, heiße Element vorherrscht, bei den nördlichen das feuchte, kalte. Je mehr sich eine Landschaft der Art des Nordens oder Südens nähert, desto ähnlicher sind ihre Bewohner dem entsprechenden Volk an Temperament, Gestalt und Charakter. Mancherlei Ausnahmen haben ihren Grund darin, daß viele Völker ihren Wohnsitz änderten und sich mit anderen vermischten, so zogen z. B. die Thraker nach Italien und die Italiener nach Thrakien, die Perser nach Assyrien, die Assyrer nach Persien. Der gelehrte Ptolemäus’*) leitete den Charakter der Menschen von der Stellung der Sternbilder ab, doch können wir manche seiner Bemerkungen hier ganz gut gebrauchen; so sagt er, die nördlichen Völker seien wild, hartnäckig, rauh und unfreundlich; die Italiener und Griechen nennt er vortrefflich, gütig, freundlich, tapfer, vornehm und freiheitlich gesinnt, kriegerisch, gesetzliebend und tüchtig im Regieren der Völker; die Araber seien diebisch, hinterlistig, knechtisch, unbeständig und gewinnsüchtig, die Armenier leichtbeweglich und gottlos, die Sauromaten tierisch, die Phrygier leichtsinnige Weibsknechte, die Afrikaner liebestoll, meineidig und unbedachtsam; nach ihm nennt Maternus die Skythen grausam, die Italiener königlich gesittet, die Gallier unverständig und unbesonnen, die Griechen leichtfertig, die Afrikaner hinterlistig, die Syrier geizig, die Asianer unkeusch, die Sizilier pfiffig, die Spanier hochtrabend und großmütig, die Ägypter weise, die Babylonier verständig. Auch Vitruvius ist derselben Meinung und sagt: Die Völker kalter Gegenden haben große Körper, glänzende Gliedmaßen, glattes, rötliches Haar, graublaue Augen und viel Blut infolge ihres Reichtums an Körpersäften; die Kälte des Himmels hat sie so gebildet. In den von der Sonne ausgedörr-

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