Die Physiognomie des Menschen

dort sehr hohe Berge, und die ganze Gegend liegt hoch. Wieder anders sei die Bevölkerung um den Mäotischen Sumpf, Skythen oder Sauromaten genannt, mit ihrer gedrungenen Gestalt von schwammigem Bau und ihrer Trägheit, die ihre Arme unvermögend macht, einen Bogen zu spannen und ein Geschoß abzuschießen. Die Europäer seien wegen der Unterschiede des Klimas sehr ungleichmäßig gestaltet, sie seien kühn, von vollendeter Bildung, großmütiger als die Asiaten und scheuten keine Schwierigkeiten. Von den Lehren Platos wollen wir hier nur folgende anmerken: Nach den verschiedenen Himmelsgegenden seien auch die Charaktermischungen verschieden. So sei die griechische Landschaft geeigneter, gelehrte Menschen hervorzubringen als eine andere, und die Bewohner Phoeniciens seien geschaffen, Hab und Gut aufzustapeln. Weiterhin wollen wir die Ansichten von Polemon und Adamantius anführen: Die Völker des Nordens haben einen schlanken Körper, blasse Farben (nach Adamantius genauer hellgelbe, weiche Haare und graublaue Augen), platte Nasen, kräftige, ziemlich große Schenkel, lockeres Fleisch und große Bäuche, sie sind einfältig, beherzt, leichtfertig, unbedacht und töricht. Polemons Text ist mit der Zeit oft verfälscht worden, und wir müssen ihn aus dem Adamantius ergänzen. Die Völker, die im Mittag wohnen, haben schwarze, krause Haare, dunkle Augen und schlanke Schenkel und sind den Wissenschaften wenig geneigt. Als weitere Merkmale erwähnt Polemon: Wankelmut, Leichtsinn, Lügenhaftigkeit, List und Dieberei, bei dem Einzelnen mehr oder weniger ausgeprägt, je nachdem sie mehr oder weniger nahe beieinander wohnen. Die Völker, die in der Mitte zwischen den beiden genannten Volksarten wohnen, bewegen sich auch in ihrer Gestalt, ihren Kennzeichen und ihrer Geistesart auf einer mittleren Linie. Die Bewohner des Ostens und des Westens unterscheiden sich desto mehr von einander, je weiter nach Nor-

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