Die Physiognomie des Menschen

wie es eines jeden Natur gemäß ist. Man soll dabei darauf achten, daß die angeborenen festen Zeichen eine größere Stärke der entsprechenden Eigenschaften bedeuten, z. B. werden die Zeichen der Bedachtsamkeit an einen klugen und planvollen Menschen denken lassen, die Zeichen der Betrügerei und List an einen hinterlistigen und falschen, auch wenn diese Eigenschaften im Augenblick künstlich verdrängt werden. Ebenso kann man einen zornigen Menschen an den Merkmalen des Zornes erkennen, selbst wenn er gerade nicht zornig tobt, und ähnlich ist es auch mit anderem.

12. Kapitel:

Wie wir den Charakter aus Gegensätzen beurteilen können.

Aristoteles lehrt in seinen „Physiognomonika“ neben anderen Methoden der Physiognomik, wie man aus dem Gegenteil eines Zeichens deuten könne. Zur Erläuterung ein Beispiel: Wenn wir wissen, daß harte Haare ein grimmiges Herz bedeuten, so dürfen wir daraus schließen, daß weiche Haare Schwächlichkeit bezeichnen. Ein dichter Haarwuchs auf der Brust deutet, da er seinen Grund in der Hitze des Herzens und Geistes hat, die zum Zorn veranlagt, auf Neigung zum Jähzorn. Wenn er fehlt, so können wir Gelassenheit und Sanftmut erwarten. Wenn große Gliedmaßen auf Tapferkeit deuten, so kleine auf Furcht und Kleinmut. Und so kann man weiter auch bei anderen Zeichen und Eigenschaften verfahren.

13. Kapitel:

Von den körperlichen und geistigen Unterschieden bei Mann und Frau und ihren Beziehungen zur Charakterbeurteilung.

Wir wollen nun mit Aristoteles das ganze Tierreich in zwei Teile scheiden, in männlich und weib-

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