Die Physiognomie des Menschen

Fig.5

Augen, ferner (nach der alten ziemlich ungenauen Übersetzung) eine lange Stirn und mehr zusammengekrümmte als flache Ohren (Geßner übersetzt ganz falsch: eine längliche Stirn, die gegen die Ohren zu mehr rund als flach ist), einen sehr langen, dünnen Hals, eine Brust mit kleinen Rippen, langen Rücken, fleischige Hinterbacken und Oberschenkel, flachen, weder gewölbten noch eingefallenen Bauch und scheckige Farben. Die Gestalt im ganzen ist ungleichmäßig und schlecht gegliedert. Der Charakter ist weibisch, weichlich, jähzornig, hinterlistig, trügerisch, furchtsam zugleich und frech. Die Gestalt entspricht also durchaus dem Charakter. Daher zeichneten die weisen Ägypter einen Panther, wenn sie einen Menschen andeuten wollten, der seinen frevelhaften und bösartigen Sinn zu verbergen suchte, um nicht durchschaut zu werden; denn der Panther verfolgt alle anderen Tiere heimtückisch und läßt sich dabei sein Ungestüm und seine Blutgier nicht merken. Adamantius fügt noch hinzu, von den Vögeln und Kriechtieren sähen Adler und Drache am männlichsten aus, Rebhuhn und Schlange am weiblichsten.

Dies wären also Gestalt und Charakter von Mann und Weib. Die zahmen Tiere sind uns durch ihren Anblick wohlbekannt, die wilden kennen wir durch die Hirten, Jäger und Gelehrten. Die Art der Frauen ist immer sanfter und milder und deswegen zweifellos weniger zornmütig und unverständig als die der Männer. Jeder weiß es von sich selbst: Wenn uns der Zorn übermannt, sind wir zwar kühner, zugleich aber unverständig und achten keiner Gefahr, sondern trachten nur nach dem Ziel unserer Wut. Die Weiber hinwiederum sind gottloser, mutwillig, unfreigebig, furchtsam, schwächlich und ungerecht. Ähnlich hat man nach Polemon die Männer von weibischer Gestalt zu beurteilen, die an ihren Augen und sonstigen Körperteilen kenntlich sind, an denen man die Merkmale der Wollust und Unzucht findet: solche Männer

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