Die Physiognomie des Menschen

sind weibisch, leichtfertig, schamlos, verschlagen, treulos und betrügerisch (eigentlich lauter weibische Eigenschaften). — Wir haben männliche und weibliche Gestalten beschrieben und können uns in Zukunft für die Beurteilung des menschlichen Charakters auf das Gesagte beziehen.

14. Kapitel:

Wie durch bestimmte Eigenschaften auch andere gefunden werden können.

Es gibt noch eine weitere Methode, den Charakter kennenzulernen, die Aristoteles zuerst angewandt hat, wie er selbst in den „Physiognomonika“ angibt. Diese Methode folgert aus zwei oder mehr Eigenschaften die übrigen und ist bei den Rednern viel in Gebrauch. Ein Beispiel: Dieser ist arm, also auch zuvorkommend und freundlich. Wenn ein Mensch als zornig, traurig und ungeschlacht gekennzeichnet ist, so können wir daraus leichtlich schließen, er müsse auch mißgünstig sein, selbst wenn wir kein Zeichen dafür an seinem Gesicht und Leib finden. Diese Methode bezeichnet Aristoteles als die logische: Drei Eigenschaften z.B. werden alsgegeben gesetzt, und aus ihnen wird eine vierte erschlossen. Wenn wir jemand als rücksichtslos und wortkarg kennen, können wir folgern, daß er auch diebisch und knauserig ist: diebisch wegen seiner Rücksichtslosigkeit, knauserig wegen seiner Wortkargheit; denn aus Unverschämtheit erwächst leicht Dieberei, aus Wortkargheit Unfreigebigkeit. Darin, daß so das Eine dem Anderen entspricht, hat eine nützliche Methode der Charakterdeutung ihren Grund.

15. Kapitel: Von dem Einfluß der Ammen auf den Charakter.

Es erscheint nicht unangebracht, obwohl es nicht direkt zur Physiognomik gehört, kurz darauf ein-

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