Europa und Asien : oder Der Mensch und das Wandellose : Sechs Bücher wider Geschichte und Zeit

zum ewigen Leben als den großen Ruck! Der Geist (so meinte er) sei nur widerwillig mit der Natur verbunden. Wenn das Erdenleben aufhöre, dann erst beginne das wahre Leben. Wie aber ein Faden abreißt, so fliege der Geist, viel zu stolz, um (wie in den asiatischen Glaubenslehren) mit dem Tode wieder zurückkehren ins Vorbewußte, befreit und vom Staube losgerissen auf und davon. Für den Christen nämlich ist der Geist das Heilige, Göttliche und Persönliche am Menschen, ja er ist das, was jenseits des Lebens liegt: die Erweckung zum eigentlichen Selbst, indem er sich losreißt vom Fleische (sap£äjapzes und von allem Irdischen. Wir werden im Verlaufe dieses Buches einsehen, daß die modernste Formel für Christentum un lauten könnte: ‚Der Einzige und sein Eigentum’ .

Dieses neue Evangelium, womit Menschengottesstolz gegenüber trittaller außermenschlichen Tier- und Pilanzenwelt, (welche doch elıemals angebetet wurde als die Gottheit selber), dieses echt abendländische Evangelium treibt nun hervor die beiden erdübermächtigenden Gewalten: Hominismus und Evolutionismus. Die sinnlichen Naturgötter, Asuras, Dewas, Jakkhas und Gandharven, werden fortan gleich Walhallas altgermanischen Göttern von den Bringern der Erlösung erniedert zu bösen Hexen, Teufeln und Gespenstern. —

Die fernere Entwicklung des christlichen Mytos zeigt senau wie die der Lehre Buddhas den unablässigen Aufstieg zu wacher Vernüchterung. Die Christenheit umspannt heute etwa 575 Millionen Seelen. Während nun das ältere katholische Christentum, (mit 245 Millionen römisch-kat. und 120 Millionen griechisch-kat. Bekennern), noch eine reiche Fülle heidnischer Bildkraft bewahrt, oft nur verkleidet in Heiligenlegende, Mariendienst und Schönheitskult, — hat das jüngere, zumal das dem germanischem Geiste angepaßtere sogenannt evangelische Christentum Luthers, (200 Millionen Bekenner vereinend), unter der matteren Sonne des nördlichen Europa, sich zu einer Volksmoral verflüchtet, bis es in eine fast erschütternd nüchterne Geistigkeit versandete, wofür selbst außerordentliche Denker wie Sören Kierkegaad, vollends aber große Theologen wie Martensen, Rietschl, Harnack, Otto die klarsten Beispiele stellen; — heute ist die Zeit nahe, wo diese letzten evangelischen Glaubensblüten langsam verkümmern auf den dürren Steppen des Liberalismus und auf den städtischen Schutt- und Bauplätzen einer

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