Europa und Asien : oder Der Mensch und das Wandellose : Sechs Bücher wider Geschichte und Zeit

Bestimmte hindurch erlebt. Völker sind Tatsachen- des Geistes. Kulturen sind Ideologeme.

Die abendländische Geisteswelt schleudert num immer wieder empor den selben Irrtum. In Deutschland vertrat ihn um 1860 Hegel; um 1890 Hartmann; um 1920 Spengler; drei nicht eben seherhaft Schauende aber rede- und überredewillige, mit Begrifflichkeiten und Vorstellungsgesellung schier über_ ernährte Geister.

Diese das Leben gew ältigenden und mit Begriffen übermächtigenden Geister lassen gewaltige Weltgefüge und Begriffsbostelungen hervorwachsen aus den Antitesen der Sprache; gemäß einem ihnen unbewußt bleibendem Zwange des Menschendenkens. Solche zweiheitliche Polstellungen sind etwa: Sein und Werden; Unbewußt und Bewußt; das Grenzenlose und das Begrenzte; das Unbedingte und das Bedingte; das Unermeßliche und das Geformte und andere letzte Gegensätze mehr. Das Auibaun auf solchen letzten Gegenspielen wäre nun so unvermeidlich als unbedenklich, so notwendig als wohl erlaubt, wenn nur diese Philosophen sich dabei als erkenntniskritisch verantwortliche Logiker erwiesen. Das will sagen: wenn sie statt in Begriffen zu arbeiten lediglich mit Begriffen zu bauen unternähmen. Und wenn sie dieses nicht anders unternähmen, als wie Maler Farben und Linien, Musiker Klänge und Töne gebrauchen, um ihre eigene Seele zum Ausdruck zu erheben. Sie aber werden, selbunbewußt, zu Opiern ihrer Begriiisgespenster. Begrifisgespenster tanzen den Hexensabbat im Kopie dieser wahnsinnig gewordenen deutschen Oberlehrer.

Meine Vorwürfe beziehen sich wesentlich auf die anmaßlich-eroßwortige Entdeckung einer ‚Phänomenologie der Weltgeschichte, welche das ganze unermeßliche Leben der Menschenwelt einzuspannen unternimmt in einen endlichen begrenzten: Ring von Kulturtypen.

Man beruft sich dabei auf Goethe. Man sieht nicht, daß auch Goethe Typen, Phänomene, Urbegriffe und Ideen nur dort mit Glück auffand und- erläuterte, wo der schauende Dichter sang, nicht der lehrhafte Verwissenschaftler der Welt.

-Ich will ein bestimmtes Beispiel herausgreifen. — Oswald Spengler erschöpfte das Gestaltenwandelbild dreier Jahrtausende durch eine dürftige Spielerei mit Analogieen. Das Altertum schuf seit 500 v. Chr., beeinnend mit Pythagoras, die _ auf die Axiome des Euklid aufgebaute sinnenfällige Matematik.