Europa und Asien : oder Der Mensch und das Wandellose : Sechs Bücher wider Geschichte und Zeit

Der geschichtliche Jesus. Gespräch anno 33. - A.: Wissen Sie schon das Neueste? Re B.: Was Sie sagen.

Ja. Der liebe Gott hat Menschensgestalt aigenommen und sich in a at der Teufel geprellt.

B.: Ei, das isf ja ganz scharmanf. Schopenhauer. Es seien hier einige Hinweise gegeben über die im Abendlande viel umstrittene, im übrigen aber belanglose Frage nach der geschichtlichen Wirklichkeit eines Christus zubenannten, angeblich in Bethlehem oder Nazareth geborenen, zu Jerusalem anno 33 hingerichteten Jesus. — Worauf stützt sich der

Glaube an die. Geschichtlichkeit dieser Legende? Zunächst

auf ein paar Buchstellen. Die erste steht in den 116 n. Chr.

herausgegebenen Annalen des Cornelius Taeitus, cap. 15. 44.

Dort wird erzählt, daß Nero im Jahre 64 n. Chr. Rom in Brand

gesteckt habe und, um den Verdacht der Brandstiftung von sich

abzuwälzen, „diejenigen beschuldigt und mit Strafen belegt habe, welche wegen ihrer Schandtaten verhaßt und vom Volke

Christen (christiani) genannt wurden.“ Zur Begründung dieses

Namens fährt Tacitus dann s o fort: „DerUrheberdieses Namens

Christus wurde während der Regirung des Tiberius durch den

Prokurator Pontius Pilatus mit dem Tode bestraft; aber der

verderbliche Aberglaube brach wieder aus, nicht nur in Judäa,

sondern auch in Rom“ (,„auctor nominis ejus Christus, Tiber:o imperitante, per procuratorem Pontium Pilatum supplicio aifectus erat; repressaque in praesens exitiabilis superstitio rursum erumpebat, non modo per Judaeam, originem ejus mali, sed per urbem etiam, quo cuncta undique atrocia aut pudenda confluunt celebranturque“) . . Die Frage, ob diese Stelle von

Tacitus so geschrieben oder ob sie nachträglich eingefälscht

wurde, ist heute ziemlich belanglos, weil wir wissen, daß die

Angabe nicht stimmt. Die Geschichte von dem aus purem

Übermut durch Nero veranlaßtem Brande Roms ist eine der

vielen Geschichtsfabeln, welche Tacitus zusammenträgt, wo

immer er den verhaßten römischen Cäsaren schaden kann. —

— Belangloser noch ist die zweite für die Geschichtlichkeit des

Jesus geltendgemachte Stelle in Suetons ‚Leben des Kaisers

Klaudius‘ (in der 120 geschriebenen ‚vita Caesarum‘). Dort

kommt vor im cap. 25 das Wort ‚Chresto‘. — „Er‘ (d. h. Klaudius)

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