Europa und Asien : oder Der Mensch und das Wandellose : Sechs Bücher wider Geschichte und Zeit

sind; nicht nur wie Tiere und Pflanzen Zufallswesen. Beides ist Sache der Etik. — Ein bloßes Unglück: Tod beim Schiffbruch oder auf dem Schlachtfeld ist nicht tragisch. Natur.ereignisse: Vulkanausbrüche, Sturmfluten, Weltuntergänge sind nicht Geschichte. £

Es ist unwürdig und ärmlich, Kriege oder Revolutionen so zu betrachten und. betrachtend hinzunehmen, wie wir Geburt und Tod eben hinnehmen müssen. Im Reiche der Geschichte befinden wir uns im Reiche der menschlichen Werte.

Es gibt keine geschichtliche Notwendigkeit, bei welcher wir nicht selbst mit entscheiden, mit verschulden. Geschichte geht nicht an uns vor. Wir machen unsere Geschichte. Sie ist der Ausdruck unsres Wesens. Erst dann, wenn die bloße Tatsache zur Sache der Tat ward, wenn das bloße Naturgeschehniß dank des Menschen, sich umwandelt in Ereizniß; erst dann beginnt: Geschichte.

Geschichte ist (noch einmal gesagt) der Kreuzungspunkt von Naturgeschehen mit Menschenwille. Es kann somit niemals von Geschichte heißen: Alles kommt wie es kommen muß. (Das sagen nur die Geopierten). Es kann ebenso wenig von Geschichte heißen: Alles kommt wie es kommen soll (Das könnten nur Götter verbürgen). Wohl aber läßt sich von Geschichte sagen, daß alles so komme wie es kommen muß, nur dann, wenn wir auch wollen, daß es kommen soll. Kein Mensch muß müssen. Wollt Ihr Krieg so ist Krieg. Wollt nicht, so ist er auch nicht. — —

Anmerkung 1922.

Die alte Verwechslung Geschichte für sinnvoll (‚sanktionirt‘) zu halten, wenn man sie begründen, d. h. genetisch herleiten kann, bringt mir ein paar sinnige Wortspiele in die Erinnerung. Der Krieg 1914 bis 1918 wurde hergeleitet aus dem Umstand, daß in Seraiewo ein serbischer Student namens Prinzipe den österreichischen Erzherzog Franz Ferdinand durch einen Bombenwurf tötete. Dazu bemerkte ein Rechtslehrer: Schuld am Kriege trage die Politik des Macchiavelli, welche niedergelegt ist in dem Werk el principe. Ein anderer aber machte dazu die Bemerkung: Es tat nicht der falsche Prinzipe; es tat nicht der falsche principe; es tat das falsche Prinzip..... Als 1914 das deutsche Bürgertum für den großen Wetterschlag einen Prügelknaben brauchte, da fand es ihn an dem englischen Staatsmann Edward Gray. Ein die Sachlage klar überschauender Geist, Fürst Lichnowsky. machte dazu die ruhige Bemerkung: Wenn man nach Ursachen fragt, so sollte man bedenken, alle Theorie ist grau (gray)..... In den Lebenserinnerungen des iüngeren Biörn Biörnson wird eine Audienz geschildert bei dem nachmaligem Kaiser Karl von Österreich. Dieser sagt: ‚Die Ursache des Krieges ist das Verbot der Schweineeinfuhr in Serbien‘, Dann setzt er treuherzig in seiner Wiener Mundart hinzu: ‚Is ia auch halt a Saukrieg‘.... Ein Spiel, das ich mit meinen Kindern spiele, nennen wir das Schuldgebespiel. Dabei stellen die Kinder schein-

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